Szenisches Spiel vom Holländer Michel in "Das kalte Herz"

Klaus Grimm und Linda Tsardakas zeigen Szenen aus "Das kalte Herz". ©Martina Baumgartner
Der Regen machte am Freitagabend einen Strich durch die Rechnung der Veranstalter von »Kultur im Stadtgarten«. Schade war’s, denn die szenische Darbietung der Geschichte »Das kalte Herz« des Dichters Wilhelm Hauff hätte das mystische Flair der Natur unter der Friedenslinde bei hereinbrechender Dämmerung gut unterstrichen. So bedauerte Organisator und Touristinfo-Chef Christian Jäckels das schlechte Wetter und verlegte die Veranstaltung inklusive der für die Ausleuchtung des Gartens gedachten Illuminierung in den Lesesaal des Lehengerichter Rathauses – ein bescheidener Kompromiss, dem miserablen Wetter geschuldet. Dementsprechend begrüßte er auch nur wenige Zuschauer dort.
Bereits mehrere Veranstaltungen zum Dichter Wilhelm Hauff
Wilhelm Hauff sei in Schiltach kein Unbekannter, verwies er auf vorangegangene Literatur- und Theaterveranstaltungen. Und auch die Darsteller am Freitag waren es nicht: Linda Tsardakas begleitete mit der Gitarre ihren Ehemann Klaus Grimm, Stadtführer in Schiltach, bei seiner Erzählung vom kalten Herz des Köhlers Peter Munk und dessen Begegnung mit dem Holländer Michel.
In zehn Etappen berichtete Grimm eindrucksvoll und in verschiedenen Verkleidungen als Schlüsselfigur die Geschichte von Peter Munk und über seine Habgier und Läuterung. Grimm illustrierte seine Erzählabschnitte um auf die Leinwand des Lesesaals projizierte Bilder einer Kinderbuchausgabe der Geschichte. Begleitet wurde der Erzähler dabei vom einfühlsamen Gitarrenspiel Tsardakas’, was die Aufführung besonders stimmungsvoll machte. Sie hatte passende Stücke im Repertoire und überraschte mit einer Improvisation des Herzschlags Munks.
Hoher Preis für Reichtum bezahlt
Um dessen Herz ging es in Hauffs Erzählung, die im Schwarzwald spielt. »Warm« war es emphatisch, aber der Köhler arm, und »kalt« war es mitleidlos – und Munk reich. Sein Herz war der Preis, den er für seinen Reichtum, den er an den unheimlichen und schlauen Flößer Holländer Michel bezahlen musste. Das Geld machte Munk attraktiv und stellte ihn gleich mit denen von ihm bewunderten Vorbildern wie den Tanzbodenkönig und dem reichen Spieler Ezechiel sowie dessen kühnem Kumpanen, dem langen Schlurker. Doch die Gier ließ Munk zu Fall kommen, denn wer braucht ein empfindungsloses Herz, wenn er Liebe fühlen möchte. Das Schicksal hatte Eineinsehen, und Munks Charakter erfuhr eine Katharsis. Mit der Hilfe des mystischen Glasmännleins und einer List bekam Munk sein Herz und damit sein Empfinden, seine Frau und deren Liebe sowie die Aussöhnung mit der Mutter zurück.
Publikum belohnt musikerzählerisches Talent
Die beiden Spieler und Fachleute für osteuropäische Tänze zeigten mit dieser Inszenierung viel musikerzählerisches Talent, was vom Publikum mit einem langen Applaus belohnt wurde.Wie Grimm anschließend erklärte, kann Hauffs Geschichte nicht nur als moralisch zeitloses Thema »Geld verdirbt den Charakter« gewertet werden. Vielmehr ist es auch ein historisches Abbild der Berufe des Glasmacher, Flößer und Harzer im 19. Jahrhundert im Schwarzwald. »Hauff lebte zu dieser Zeit in Stuttgart und besuchte Raumünzach und Klosterreichenbach im Murgtal des Öfteren. Er bildete in seiner Geschichte ab, was er dort sah«, so Grimm