Tekfor-Gruppe ist wieder eigenständig
Die Mitarbeiter von Neumayer Tekfor, dem größten Arbeitgeber Hausachs, atmen auf: Nach jahrelangen Unsicherheiten erfuhren sie am Montag per Aushang, dass die Tekfor-Gruppe wieder eigenständig ist.
Hinter Neumayer Tekfor liegt offensichtlich ein Wirtschaftskrimi, der noch nicht ganz beendet zu sein scheint. Aber zumindest ist die Handlung soweit gediehen, dass man weiß, wer »die Guten« sind. Die Hausacher gehören offensichtlich dazu und können aufatmen. Der Haupthandlungsstrang spielt in Fernost – was sich dort zwischen den Banken und der indischen Firmengruppe Amtek genau abgespielt hat, war (noch) nicht zu erfahren.
Das Wichtigste für Hausach und den größten Arbeitgeber der Stadt aber ist: Die Unsicherheiten der letzten Jahre sind beendet. Die Gruppe steht wieder auf eigenen Füßen, die Liquidität habe sich umgehend verbessert. Die Tekfor-Gruppe wird unterstützt von einer internationalen Bank. Überhaupt soll in diesem Wirtschaftskrimi noch vieles im Verborgenen bleiben. Von offizieller Seite gibt es keine Stellungnahme.
Amtek ist draußen
Aus gut informierten Kreisen war gestern jedoch zu erfahren, dass die Tekfor-Gruppe mit Werken in Europa (5), Südamerika (2), Nordamerika (1) und Asien (2) zumindest organisatorisch nicht mehr von Amtek abhängig ist und dass Amtek vor allem keinen Zugriff mehr auf Tekfor-Finanzen hat.
Mit einfachen Worten erklärt es ein Neumayer-Tekfor-Mitarbeiter so: Die Geldgeber haben sich die verschiedenen Gruppen, die unter der Amtek-Flagge segelten, genau angeschaut und entschieden, für wen sich eine weitere Unterstützung lohnt.
Mit diesen Hintergrundinformationen findet man Hinweise auf offensichtlich weniger schützenswerte Unternehmen im Netz: Bereits am 1. April wurde das Insolvenzverfahren der Firma Rege Motorenteile in Thüringen (rund 700 Mitarbeiter) eröffnet. Wie die WAZ am 25. Mai berichtete, hat in Wuppertal auch Amtek Küpper (rund 900 Mitarbeiter) im Mai Insolvenz angemeldet.
Gute Nachrichten für Hausach
Das sind schlechte Nachrichten für die Mitarbeiter jener Werke – und gute für Hausach (mit rund 700 Mitarbeitern und 125 Millionen Euro Jahresumsatz) und die Tekfor-Gruppe. Denn hier waren und sind die Auftragsbücher voll, wird gutes Geld erwirtschaftet, das nun auch in der Gruppe bleiben kann. Diese werde vom internationalen Geldgeber vor den negativen Einflüssen, die durch Amtek Indien entstanden sind, geschützt. Mittlerweile seien nun nicht nur die immer wieder hinausgeschobenen Sonderzahlungen an die Mitarbeiter bezahlt, sondern auch überfällige Lieferantenverbindlichkeiten weitgehend abgebaut.
»Unter welcher Flagge wir Geld verdienen, spielt keine Rolle«
Das Thema Verkauf ist bei einer »globalisierten« Firma natürlich nie vom Tisch. Aber die Zeichen stehen gut, dass die Geldgeber nun erst einmal abwarten, bis alles wieder in ruhigen Bahnen läuft. Wenn Neumayer Tekfor dann an den Meistbietenden verkauft wird, sollte das kein Schaden mehr sein. Werkleiter Jörg Stoffels sagte schon bisher bei jeder Gelegenheit: »Unter welcher Flagge wir Geld verdienen, spielt keine Rolle.«
1942 hat Erich Neumayer das Unternehmen als Automatendreherei gegründet. In diesem Jahr kann es seinen 75. Geburtstag feiern. Es sieht danach aus, dass es wirklich etwas zu feiern gibt.
Chronologie seit der Insolvenz
◼ Im September 2012 hatte Neumayer Tekfor für ihre deutschen Werke eine Schutzschirminsolvenz beantragt.
◼ Im März 2013 unterzeichnete Amtek, ein indischer Hersteller von Komponenten für die Automobilindustrie, den Kaufvertrag.
◼ Seit Juni 2013 ist der Hausacher Automobilzulieferer Neumayer Tekfor nun Teil der Amtek-Gruppe.
◼ Ende Oktober 2015 meldete die Nachrichtenagentur Reuters, dass die in finanzielle Schwierigkeiten geratene Amtek die US-Investmentbank Morgan Stanley beauftragt habe, einen Käufer für das Hausacher Unternehmen zu finden. Die Verkaufsverhandlungen
stünden möglicherweise
kurz vor dem Abschluss.
◼ Im November 2016 berichtete das österreichische »Industrie-Magazin«, dass Amtek den Berater gewechselt und nun Rothschild angeheuert habe. Dort war die Rede von acht Offerten, von denen einige in die engere Wahl gekommen seien.
◼ Ende November wurde bekannt, dass Amtek die Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Bonuszahlungen) an die Mitarbeiter von Neumayer Tekfor geschoben hat – auf die ersten drei Monate 2017.
◼ Das letzte Drittel dieser Sonderzahlungen stand Anfang April 2017 immer noch aus und wurde auf Mai versprochen.
◼ Am 29. April 2017 kam die Wende: Es wurde ein Verfahren eingeleitet, um die Tekfor-Gruppe vor negativen Einflüssen der indischen Amtek-Gruppe zu schützen. Schon kurz darauf wurden alle ausstehenden Zahlungen an die Mitarbeiter beglichen. Es wurde aber nach außen noch nichts kommuniziert.
◼ Am 19. Juni 2017 erfuhren die Mitarbeiter per Aushang, dass die Tekfor-Gruppe wieder eigenständig ist und von einer internationalen Bank gestützt wird.