Tragisches Schicksal von NS-Opfer in Sammelband aufgenommen

Der Gedächtnisstein steht beim Schiltacher Grumpenwiesle und erinnert an das tragische Ende des Polens Bernard Podzinski. ©Archiv/Martina Baumgartner
Ein Schreckenstag in der Geschichte Schiltachs ist der 14. Januar 1942. Der aus Polen in den Schwarzwald verschleppte Bernard Podzinski wird im Zellersgrund hingerichtet. Sein vorgebliches Vergehen ist »Rassenschande«.
Der Pole Bernard Podzinski soll 1942 eine Liebesbeziehung mit der Deutschen Amalia Fischer gehabt haben. Nachdem deren Mann in den Krieg ziehen musste, ist die Offenburgerin zur Kriegsproduktion bei der Firma Grohe »dienstverpflichtet«. Unterkunft erhält sie im Haus des Fuhrunternehmers Sautter an der Schiltacher Hauptstraße, bei dem der Kriegsgefangene Podzinski als Knecht Zwangsarbeit leisten muss.
Es kommt, wie es in den Jahren des NS-Regimes erschreckend oft geschah: Fischer und Podzinski werden denunziert, danach zerstört die Terrormaschinerie die Leben der Opfer. Amalia Fischer kommt in »Schutzhaft«, ihre Tochter muss zu Pflegeeltern und Bernard Podzinski verliert sogar sein Leben. Die Hinrichtung wird zu einer Machtdemonstration der Nationalsozialisten.
Schiltacher Historiker schreibt die Geschichte auf
Historiker Hans Harter in Schiltach erinnert in seinem detailreichen Aufsatz »Die Erhängung des polnischen Zwangsarbeiters Bernard Podzinski (Perzynski) 1942 in Schiltach« an dieses schlimme Kapitel der Heimatgeschichte. Dort wird das Leben, aber auch dessen Zerstörung in der dunkelsten Zeit im Kinzigtal sichtbar. Erschienen ist Harters Text in einem neuen, reich bebilderten Sammelband.
Vielfältige regionale Aspekte zu Dritten Reich
Die Herausgeber Heiko Haumann und Uwe Schellinger haben vielfältige Aspekte zur Geschichte des Dritten Reichs, aber auch des Neubeginns nach 1945 in der Region zusammengetragen. Es entsteht ein umfassender Einblick in die Durchsetzung der NS-Herrschaft vor Ort, aber auch in die Zeit unter französischer Besatzung, in der viele Fundamente unserer heutigen Gesellschaft geschaffen wurden.
Ein weiteres Beispiel: Eindrucksvoll erinnert Karl Volk an seine Kindheit in Triberg und Gremmelsbach. Berührend seine Schilderung, wie der auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs verwundete und halb verhungerte Onkel den kleinen Jungen zurechtwies, die Behauptung des Lehrers über die Schuld der Polen am Krieg sei Unfug. Dazu Volk: »Ich wusste für immer Bescheid.«
Nachdenklich macht Haumanns Fazit der Nachkriegszeit im Elztal. Kein Aufbruchsgefühl, »stattdessen verstärkte sich eher eine Tendenz zur Entpolitisierung, zur Apathie und Resignation«.
Der neue Band beschränkt sich auf die Perspektive der Südhälfte Badens. Er bietet so Einblicke in das alltägliche Leben in der Provinz.
INFO: Heiko Haumann/Uwe Schellinger (Hrsg.): »Vom Nationalsozialismus zur Besatzungsherrschaft. Fallstudien und Erinnerungen aus Mittel- und Südbaden«, Ubstadt-Weiher 2018, 270 Seiten, 22,80 Euro.