Was Hausach mit dem Wolfacher Internierungslager zu tun hat
Hausacher Stadtgeschichte (18): Stadtarchivar Michael Hensle berichtet über interessante Funde im
Archiv. Heute geht es um das Internierungslager in Wolfach, und was Hausach damit zu tun hatte.
Am 2. Juli 1945 erreichte die Stadtverwaltung Hausach eine denkwürdige Verfügung des Landratsamts: „Zur Errichtung eines vom Kreis Wolfach zu unterhaltendes KZ-Lagers in Wolfach“ habe die Gemeinde Wolldecken und andere Einrichtungsgegenstände abzugeben. Ein Konzentrationslager nach Kriegsende in Wolfach? Wahrscheinlich handelte es sich bei dem Lager zum Teil um das Wolfacher Amtsgefängnis und wohl auch um Teile des „Zwangs- und Zivilarbeiterlagers“ in Wolfach. Auskunft darüber könnten die Akten des Stadtarchivs Wolfach geben.
Das Wolfacher Amtsgefängnis hatte durchaus eine gewisse Tradition als Konzentrationslager. Wurden doch dort im Frühjahr 1933 politische Gegner der Nazis als sogenannte „Schutzhäftlinge“ inhaftiert, bevor diese in die Konzentrationslager Ankenbuck und Heuberg weiter transportiert wurden. Eine noch dunklere Geschichte kommt dem Amtsgefängnis Wolfach gegen Kriegsende zu: am 30. März, Karfreitag, und am 16., 17. April 1945, vier Tage vor der Besetzung durch französische Truppen, holten Gestapo und SS-Leute insgesamt 20 politische Häftlinge aus ihren Zellen und erschossen sie hinterrücks, über die Hälfte davon Franzosen.
Stunde der Abrechnung
In dem „KZ-Lager“ des Kreises Wolfach sollten ehemalige NSDAP-Funktionsträger, SA-, SS-Angehörige, aber auch einfache Parteimitglieder interniert werden. Dieses wie auch andere französische Lager hatten mit den nationalsozialistischen Konzentrationslagern nichts gemein, aber die Wortwahl allein zeigt, wie tief die NS-Sprache saß.
Später wurden diese Lager Internierungslager (französisch: camp d’internement) genannt. Die Haftbedingungen im Wolfacher Internierungslager waren hart. Erst ab November 1945 wurde erlaubt, den „untergebrachten Personen durch die Angehörigen monatlich zweimal Pakete abzuliefern“: „Der Inhalt der Pakete muß ausschließlich aus Lebensmitteln bestehen. Tabak, Feuerzeug und Zündhölzer dürfen nicht mitgesandt werden.“ Die Pakete seien bei der Lagerwache abzugeben, und: „Briefwechsel zwischen den Inhaftierten und ihren Angehörigen bleibt weiterhin strengstens untersagt.“
Es ging der französischen Besatzungsmacht bei den Internierungslagern weniger um Entnazifizierung denn um Machtabsicherung, es war eher die Stunde der Abrechnung, wohl auch für manchen Deutschen. Nachweislich waren mindestens ein Dutzend Hausacher im Wolfacher Internierungslager inhaftiert. Darunter befanden sich der örtliche NSDAPOrtsgruppenleiter Merkle sowie der Geschäftsführer und Propagandawart Fischer.
Die beiden waren bereits seit 8. Mai 1945 im französischen „camp de concentration“ Lahr- Dinglingen, einem ehemaligen NS-Arbeitsdienstlager, interniert. Unter den weiteren Inhaftierten befanden sich neben bekannten NS-Aktivisten auch der Angestellte Max K., der dann 1948 wegen „Misshandlung von Ausländern“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Ebenfalls interniert wurden auch Polizeihauptwachtmeister Friedrich Barth und Wilhelm Krespach, Oberlehrer an der Volksschule.
Lehrer denunziert
Über Oberlehrer Krespach, der erst im Jahre 1940 der NSDAP beigetreten war, heißt es, er „war im Jahr 1945 einige Monate in Wolfach interniert und zwar aufgrund einer Denunziation“. Krespach wurde „ohne Verhandlung“ entlassen, weil „nach Auskunft durch Herrn Professor Mattlinger, Schuloffizier beim Gouvernement Militaire in Wolfach, Belastendes nicht vorgelegen habe“.
Die Wiederbeschäftigung als Oberlehrer wurde als „tragbar angesehen“, und 1951 wurde Krespach sogar zum Rektor befördert. Die meisten der im Wolfacher Internierungslager Inhaftierten wurden noch vor Weihnachten 1945 entlassen, die restlichen – darunter auch Häftlinge aus Wolfach, Gutach, Hornberg und aus dem weiteren Kreisgebiet – Ende Januar 1946. Damit wurde das Internierungslager Wolfach wohl geschlossen, denn verbleibende Internierte wurde in andere französische Internierungslager etwa in Freiburg überstellt.
Die Freigelassenen hatten sich „wöchentlich an einem bestimmten Tage bei der französischen Gendarmerie zu melden“. Damit wurde selbst dem unbelehrbarsten Nationalsozialisten klar gemacht, dass das „Tausendjährige Reich“ ein für alle mal vorbei war. Diese wöchentliche Meldepflicht wurde übrigens erst im August 1949 aufgehoben.