Wolfach

Wenn Wörter nur Bilder sind: Neues Angebot für Analphabeten in Wolfach

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06. Juli 2023
Karin Weißer (von links), Christina Obergföll, Kultus-Staatssekretärin Sandra Boser, Stefan Wälte, Armin Hauff, Bürgermeister Thomas Geppert und Thomas Lang machten am Stand des Alfa-Mobils aufs Thema Alphabetisierung aufmerksam.

Karin Weißer (von links), Christina Obergföll, Kultus-Staatssekretärin Sandra Boser, Stefan Wälte, Armin Hauff, Bürgermeister Thomas Geppert und Thomas Lang machten am Stand des Alfa-Mobils aufs Thema Alphabetisierung aufmerksam. ©Tobias Lupfer

Das Alfa-Mobil machte am Mittwoch mit prominenter Unterstützung in Wolfach auf das Thema Analphabetismus aufmerksam. Im September soll in Wolfach ein Kurs starten, der Betroffenen hilft.

Schilder, Automaten, Formulare – der Alltag ist voll geschriebener Worte. Unüberwindbar scheinende Hürden für Menschen, die nicht richtig lesen und schreiben können. Von denen gibt es auch in der Ortenau weit mehr, als man gemeinhin denkt. Doch: Es gibt Hilfe. Auf die machte am Mittwoch das  Alfa-Mobil in Wolfach mit prominenter Unterstützung aufmerksam.

"Erschrocken und erstaunt"

Ex-Speerwerferin Christina Obergföll machte keinen Hehl daraus: Als vor eineinhalb Jahren die Anfrage kam, ob sie Botschafterin fürs Thema Alphabetisierung werden wolle, habe sie sich zunächst gefragt warum. „Aber dann war ich erschrocken und erstaunt, wie groß die Zahlen sind.“ Bundesweit sind laut Alfa-Mobil rund 6,2 Millionen Menschen Betroffene zwischen 18 und 64 Jahren – im Schnitt jeder Achte. Als Botschafterin wolle sie Menschen helfen, selbstständig durchs Leben gehen zu können und „dass die Scham diesem Thema gegenüber abgebaut wird“. Denn, so betonte Obergföll: „Es gibt nichts, für was man sich schämen muss. Und es ist nie zu spät.“

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Das Grundbildungszentrum Ortenau (GBZ), gemeinsame Initiative der Volkshochschulen Ortenau, Offenburg und Lahr, ist in der Ortenau Anlaufstelle für Betroffene. In Haslach gibt es unterm Dach des GBZ bereits einen Kurs. Ab September soll es ein entsprechendes Angebot auch in Wolfach geben (Stichwort). Jedoch, so betonte VHS-Leiter Thomas Lang: „Es ist schwierig, an die Personen heranzukommen.“ Umso wichtiger sei es, über die Öffentlichkeitsarbeit Bekannte, Angehörige und Kollegen von Betroffenen zu erreichen, die die Informationen weitergeben könnten. Fast 34.000 sogenannte funktionelle Analphabeten gebe es im Kreis, erklärte GBZ-Leiterin Karin Weißer. „Es wäre schon schön, wenn man nur einen Bruchteil davon erreicht“, betonte Lang.

Im Job "nur nicht auffallen"

Nicht richtig lesen und schreiben können sei verbreiteter, als man denke. Vor allem oft dort, wo man es nicht erwarte, betonte Weißer: „Das sind Leute, die Geld verdienen, die stehen in Lohn und Brot.“ Viele Hilfesuchende würden einzelne Buchstaben und Wörter erkennen, könnten aber selbst einfache Sätze inhaltlich nicht verstehen. Wichtige Wörter seien im Gedächtnis wie Bilder abgelegt. Im Alltag gebe es oft im Umfeld Helfer, etwa bei Formularen. „Das funktioniert richtig gut, solange die gut miteinander können.“ Ganz wichtig sei das Silbenlesen. „Wer da scheitert, der hat’s schwer.“ Die Devise für viele Betroffene: „Nur nicht auffallen.“

Armin Hauff kennt die Probleme aus eigener Erfahrung: „Ich war das Jüngste von fünf Kindern.“ Ein Arzt habe eine Sprachstörung festgestellt, darum sei er neun Jahre in die damalige Sonderschule nach Lörrach gekommen. „Da hätte Sprachunterricht stattfinden sollen, der aber nie stattgefunden hat.“ So kam eins zum anderen, und Hauff lernte als Kind nie richtig lesen und schreiben. „Ich mache meiner Mutter keinen Vorwurf“, betonte der heute 62-Jährige aus dem Markgräfler Örtchen Holzen. „Wenn man arbeiten kann, kommt man immer durchs Leben“, sei die Einstellung der Eltern gewesen. Das tat Hauff – sogar mehr als 25 Jahre als Selbstständiger mit eigener Töpferei. Für Formulare hatte er einen Helfer in der Familie, sei dadurch aber auch in eine schwierige Abhängigkeit geraten. Mit 45 Jahren nahm er einen ersten Anlauf, übers Alfa-Telefon lesen und schreiben zu lernen. Mit leuchtenden Augen erzählt Hauff heute, wie er schließlich sein erstes Buch gelesen hat und betonte, wie wichtig Lesen sei: „Es bleibt einem sonst eine ganze Welt verschlossen – ein Leben lang.“

Stichwort

Kurse vor Ort

In der VHS-Geschäftsstelle Wolfach, Oberwolfacher Straße 6, soll am Mittwoch, 13. September, der neue Kurs „Besser lesen, schreiben, rechnen“ starten. Mittwochs ab 16.45 Uhr sollen die Teilnehmer dann mit Bruni Deblitz der Sprache näherkommen. „Es ist kein Frontalunterricht“, betonte Karin Weißer. Vor allem, ergänzte Lang: „Es soll niederschwellig sein. Man kann einfach hingehen, wie wenn man zum Sportverein geht.“ Weiterhin soll es mit dem GBZ auch mittwochs von 14.30 bis 16 Uhr einen Kurs im evangelischen Gemeindehaus Haslach geben. Beide sind kostenlos: Die landesweit zwölf GBZ werden gefördert vom Land Baden-Württemberg und der Europäischen Union. Infos unter Telefon 0781/9364280.

www.gbz-ortenau.de

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