Wie in den Schiltacher Treffpunkt Irish-Pup-Atmosphäre einzog

Christian Martin und Lynda Cullen brauchten keine mündlichen Absprachen in Sachen Musik: Das irische Lebensgefühl drückte sich in ihrem ergänzenden Zusammenspiel aus. ©Martina Baumgartner
Ausverkauft! Gleich beim Saisonauftakt der Kleinkunstreihe im Treffpunkt gingen alle Karten weg. Mehr als 80 Zuschauer hatten am Samstag in der kleinen Kaffeestube der Bürgerbegegnungsstätte Platz genommen. Wer zuvor noch kein Fan irischer Volksmusik war, der war es spätestens nach dem Konzert von Lynda Cullen, Gesang und Gitarre, und Christian Martin, Violine.
Dazwischen lag Lebensfreude sowie Wehmut in Noten und viel Applaus vom Publikum. Obwohl Noten genau das war, was die Musiker an diesem Abend nicht benötigten: „In Irland wird jedem Kind Musik in die Wiege gelegt. Man singt eigentlich immer und deshalb können es alle. Wir hier spielen ohne Plan“, erklärte die Sängerin mit irischen Wurzeln und Schmelz in der Stimme.
Der deutsche Musiker Christian Martin traf seine Kollegin bei seinem mehrjährigen Aufenthalt 2006 in Irland. Seither spielen sie „immer mal wieder“ gemeinsam in Deutschland. Denn seit vier Jahren wohnt Cullen mit ihrem Mann in Villingendorf und begleitet, neben dem Musikmachen, eine irische Schulklasse als besonderes Schulprojekt.
Dass die Musiker eine innige Freundschaft verbindet, war im Publikum schnell zu spüren, denn ihr Spiel hatte etwas Spontanes und zeigte ein intuitives und wertschätzendes Verständnis für die Musik des anderen. Und so vermittelten die Singer-Songwriterin und der klassisch ausgebildete Streicher sofort die Atmosphäre eines irischen Pubs. Neben „Spancil Hill“, „All the ways you wander“, „Molly Malone“ oder „Never be the sun“ mischte das leidenschaftliche Duo traditionelle Irish-Folk-Songs mit moderner irischer Musik.
Und die hatte es in sich, beispielsweise mit dem dramatischen Liebeslied von Sinéhad O‘Connor „Nothing compares“, oder mit „Zombie“ von den Cranberries, was den Nordirlandkonflikt zum Thema hat. Cullen entschuldigte sich zwar, dass ihr Gesang nicht an den der großen Künstler reichen würde, doch das war schlichtweg gelogen. Ihren hervorragenden Gesang begleitete sie mit einem ebenso gekonnten Gitarrenspiel. „Meine Leidenschaft. Andere Frauen kaufen gerne Schuhe, ich Gitarren“, scherzte die Musikerin.
Eigene Songs präsentiert
Besonders berührend waren ihre sogenannten Sean-nós – solo und ohne instrumentale Begleitung vorgetragenen Lieder. Dass sie im Herzen waschechte Irin ist, bewies sie einmal mehr durch selbstgeschriebene Songs ganz im Stil der grünen Insel: Mit „Sister“, „Hard so big“ und ihrem „Anti-Raine-Dance-Song“ namens „I get out of bed“ stellte sie Stücke aus ihren international veröffentlichten Alben vor. Dass die Titel der Stücke unwichtiger als die Leidenschaft am Spiel war, zeigte „Fiddler“ Chris Martin, dem sie einmal partout nicht einfallen wollten – die Melodien flossen allerdings auch so in seine virtuosen Finger. Unbekümmert und in immer schnelleren Rhythmen des sogenannten Jig-Volkstanzes, die Cullen dazu mit ihren Boots auf die hölzerne Bühne stampfte, zeigte Martin den staunenden Zuhörern, wie Intrumentenbeherrschung aussehen kann.
Das sympathische Duo begeisterte das Publikum und hatte selbst auch sichtbar viel Spaß an diesem rund dreistündigen Konzert.