Wie Shakespeares "Was ihr wollt" in Schiltach ankam
Sorgenvoll blickte Peter Staatsmann, Regisseur des Zimmertheaters Rottweil, am Freitagabend immer wieder aufs Regenradar des Wetterdienstes und entschied sich dann doch für den pünktlichen Beginn des Sommertheaters auf dem Marktplatz. „Schiltach hat eine schon fast unheimliche Schönwetterserie. Wir waren bereits zwölfmal hier und mussten nur einmal in die Halle ausweichen“, freute er sich nach der Freiluftvorstellung, dass das Wetter, von Schauern davor und danach abgesehen, gehalten hat.
Reichlich Beifall
Das Publikum vertraute ebenso auf den Wettergott, und die restlichen Karten für William Shakespeares Stück „Was ihr wollt“ gingen an der Abendkasse weg. Die Zuschauer wollten miterleben, wie Staatsmann und die Schauspieler das Wechselspiel der Liebe mit teils derben Späßen, Irrtümern und dem Remmidemmi eines Renaissancetheaterstücks auf die Bühne bringen würde. Dafür erntete die Truppe am Ende große Anerkennung des Publikums und bekam neben Blumensträußen auch gleich eine Einladung fürs kommende Jahr von Bürgermeister Thomas Haas.
Shakespeare schrieb dem Thema Liebe in „Was ihr wollt“ die Wirksamkeit eines Virus zu, für den es kein Gegenmittel gibt und von dem Betroffene ohne Erfüllung nicht geheilt werden können. Alles kam dementsprechend nicht so, wie gewollt: Die schiffbrüchige und in Illyrien gestrandete Viola liebte als Knabe Cesario verkleidet den Grafen Orsino. Den wiederum plagte die Leidenschaft für die Gräfin Olivia, die von Sir Bleichenwang umworben wurde, und die sich in Cesario verliebt. In ihrem Haus werden Intrigen gesponnen und Streiche gespielt.
Verblüffende Auftritte
Mario Schell alias Olivias Narr Feste verzauberte durch verblüffende Auftritte das Publikum und „verkaufte“ seine verrückten Lebensweisheiten: „Der Narr hält sich für weise, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist.“ Herrlich gespielt, gab der 86-jährige Ulrich Kuhl-
mann den Sir Toby Rülp. Dabei stolperte der Schauspieler gekonnt als Trunkenbold über die steilen Marktplatztreppen und nahm lallend und singend Tuchfühlung mit dem Publikum auf. Ein Wiedersehen und -hören gab es mit Countertenor Bagdasar Khachikyan, der als Olivias Werber Sir Bleichenwang einige Kostproben seiner außergewöhnlichen Stimme gab. Mit dabei waren auch Hannah Maria Humpert alias Viola, Lukas Kientzler als Orsino und Mailin Klinger als Kammerzofe Maria mit Soul im Ausdruck.
Lukas Kientzler und Valentina Sadiku gaben ihren Rollen als Graf beziehungsweise Gräfin einen besonderen Dreh – der eine hatte nichts mehr vom gewohnten schwärmerisch romantische Habitus und wusste herrisch über Liebe und Musik am besten Bescheid, und die andere spielte eine emanzipierte Frau, die der Liebe dennoch ausgeliefert war. Ohne Klamauk und trotzdem humorvoll brachte Martin Olbertz alias Malvolio von vermeintlichen Freunden und der Liebe fehlgeleitet seine Attitüde in gelben Netzstrumpfhosen dar. Für die musikalische Einbettung des Schauspiels sorgten Dorin Grama und Nicholas Charkviani, Letzterer war auch als Kapitän zu sehen wie auch Ina-Sarah Rother als Sebastian.
Gut hinbekommen
Alle Schauspieler konnten ihre Rollen ausspielen. „Eine Gratwanderung, die leicht kippen kann, zwischen Ernsthaftigkeit und Klamauk. Das haben wir echt ganz gut hinbekommen,“ lobte der Regisseur nach der Aufführung.