Wolfacher Hut mit Geschichte kommt ins Haus der Geschichte

(Bild 1/2) Walter Schmider, langjähriger Anführer des Wolfacher Nasenzugs, 2014 vor dem Zug durch die Stadt. Wichtiges Detail: der Filzhut nach Vorbild des „Heckerhuts“. ©Tobias Lupfer
„Hut ab!“ lautet der Titel einer Sonderschau zu ganz besonderen Kopfbedeckungen aus allen Himmelsrichtungen, die ab Dezember im Stuttgarter Haus der Geschichte gezeigt werden wird. Mittendrin: der „Wolfacher Heckerhut“, den schon 1849 der Nasenzug-Anführer trug.
„Hut ab! Pickelhaube, Pussyhat und andere Kopfgeschichten“ lautet der Titel der Ausstellung, die das Haus der Geschichte in Stuttgart ab 20. Dezember zeigen wird. Zu sehen sein wird dabei auch ein besonderes Exponat aus Wolfach: „Ein Hut mit Geschichte“, wie Christian Oberfell, Vorsitzender des Vereins Kultur im Schloss, betont.
„Seit Walter Schmider tragen die Nasenzuganführer einen Filzhut, dessen Vorbild heute im Museum ausgestellt ist“, erklärt Oberfell in einer Mitteilung zur Stuttgarter Ausstellung. „Das Original trug am 20. Februar 1849 ein Vorfahr Josef Krausbecks als Sancho Pansa. An diesem Fasnachtsdienstag führte die Narrenzunft nämlich im Rathaussaal das Fastnachtsspiel ‚Don Quijote‘ auf. Der Hut ist damit das älteste noch erhaltene Festspielrequisit Wolfachs. Und er ist einer der letzten erhaltenen ‚Heckerhüte‘.“
Närrisches Statement
Denn: Im Februar 1849 sei rings um Wolfach die Badische Revolution noch voll im Gange gewesen. Fünf Monate später wurde sie von preußischen Truppen blutig niedergeschlagen. „1848 waren mehrere hundert Bewaffnete unter Führung Friedrich Heckers nach Karlsruhe gezogen, um die Monarchie zu stürzen. Der Aufstand scheiterte, aber die markante Kopfbedeckung Heckers ist bis heute ein Symbol für republikanische Gesinnung“, erläutert Oberfell weiter. „Indem die Wolfacher 1849 einen Heckerhut in ihrem Fasnachtsspiel auftreten ließen, machten sie ihre Unterstützung für die Ziele der Revolution deutlich.“
Feuerkatastrophe in der Vorstadt
1849 endeten die Feiern zum Fasnachtsdienstag allerdings auf traurige Weise: „Nach dem Fasnachtsspiel gaben die Narren wie immer einen großen Musikerball im Rathaussaal. Doch mitten in der Nacht läuteten die Feuerglocken. Im Haus des Strickers Andreas Armbruster in der Vorstadt, gegenüber dem heutigen Kranzparkplatz, war ein Brand ausgebrochen. Der zehnjährige Sohn Armbrusters kam dabei ums Leben“, weiß Oberfell. Damals habe es noch keine Feuerwehr gegeben – im Brandfall sei kurzerhand jeder Bürger verpflichtet gewesen, beim Löschen mitzuhelfen.
„Noch in ihren Kostümen hasteten die Wolfacher zur Brandstätte und begannen mit den Löscharbeiten. Aber sie konnten die ganz große Katastrophe nicht mehr verhindern. Angefacht von einem heftigen Wind griff das Feuer auch auf die anderen Häuser über. 24 Gebäude – die gesamte obere Vorstadt – wurden in Asche gelegt.“ Der Funkenflug sei so stark gewesen, dass selbst beim Klausenbauernhof am Eingang des Ippichen-Tals das Dach mit nassen Tüchern abgedeckt werden musste, um nicht in Brand zu geraten, erinnert Oberfell.
„Ob auch der Hut des Nasenzuganführers bei den Löscharbeiten dabei war, kann man bezweifeln“, betont Oberfell. „Aber die mit ihm verwobenen Geschichten, politischen Aussagen und Einzelschicksale machen ihn sicher zu einem der interessantesten Ausstellungsstücke im Museum.“
Die Ausstellung
„Hut ab! Pickelhaube, Pussyhat und andere Kopfgeschichten“ ist vom 20. Dezember bis 2. August 2020 im Haus der Geschichte in Stuttgart zu sehen. Geöffnet sein wird die Schau dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 21 Uhr. Der Eintritt kostet fünf Euro.