Zweiter "Poetry Slam" begeistert sein Haslacher Publikum
Der zweite »Poetry Slam« in der Haslacher Stadtbibliothek am Freitagagabend war ein kultureller Höhepunkt. Auch wenn es sich noch ein bisschen wie Großstadtkultur anfühlt, konnte der Dichterwettstreit das Publikum bei seiner zweiten Auflage überzeugen.
Fünf Talente verzauberten, schockierten, überraschten oder machten nachdenklich mit ihren selbst geschriebenen Texten aus allen Themengebieten des Lebens. Schon zu Beginn der Veranstaltung gelang den Moderatoren Maximilian Tanzer (Jugendhausteam Haslach) und Lucy Bosch aus Haslach, die im vorrigen Jahr selbst noch Teilnehmer auf der improvisierten Bühne war, ein besonderes Kunststück: Verpackt in geistreiche Reime legten sie die Latte für die fünf Teilnehmer des »Poetry Slams« gefühlt meterhoch.
Gesichtsmuskeleinsatz
Eine zufällig bestimmte Jury aus dem Publikum vergab die Punkte. Ausgestattet mit kleinen Notizbüchern oder Zettelbergen mussten die Teilnehmer nur mit ihrer Stimme überzeugen. Schlussendlich waren es aber nicht nur die Ohren, die verwöhnt wurden, auch die Augen bekamen in Sachen Körpersprache der Wortkünstler einiges zu sehen. Anstatt stocksteif dazustehen und den Text abzurattern, wurde theatralisch und unter Einsatz aller Gesichtsmuskeln voller Inbrunst vorgetragen. Philipp Stroh eröffnete den Abend mit einer kleinen Geschichte über Rainer und Klaus bei ihrer Kneipentour, die wie einst in ihrer Jugend um Waltraud Gunst warben. Blöd nur, dass sie in bierseliger Stimmung die Falsche umgarnten.
Dass Deutsch nicht romantisch ist, stellte Jonathan Dom aus Rottweil wortreich fest, war um Beispiele aus allen Lebenslagen nicht verlegen. Wie man ein Bewerbungsgespräch mit Vollgas und im Drogenrausch gegen die Wand fährt, erklärte Lucas Dystropia aus Tübingen. Mit ihrer fiesen Tante ging Michel Meißner aus Offenburg ins Gericht. Sie sei der Haterin schlichtweg ausgeliefert und hätte deshalb existenziellen Zukunftsängsten als Künstlerin.
Vor allem ein Talent schaffte es sofort, sich in die Herzen der Zuhörer zu dichten. Mit einer Lebensweisheit, die man bei einer 15-Jährigen nicht so schnell noch einmal finden wird, berichtete Maja Ottelinger aus Hornberg, wie sie sich als Mobbingopfer durch die Kindheit gekämpft hat. Trotz ihrer Slam-Premiere und großer Aufregung begeisterte sie mit ihrer herzerfrischend frechen Art und Direktheit und schaffte es mit zwei Texten ins Finale, wo sie gegen Philipp Stroh, einen alten Poetry Slam-Hasen, antrat.
Filmreif
Der 29jährige freischaffende Künstler tritt seit drei Jahren auf und arbeitet an der Hochschule Offenburg im Büro für Marketing und Kommunikation. »Im falschen Film sein«, war sein Thema, mit dem er alle von den Hockern riss. Denn die Gäste durften immer bestimmen, in welchen Genre er weiterlas. Ausgestattet mit Sprachgewandtheit, Schauspieltalent und Wortwitz –mal romantisch säuselnd, mal wähnte man sich im Kino in einem Horrorstreifen. – setzte er sich gegen seine junge, starke Konkurrentin durch. Und die kann beim nächsten Quasselstripper-Wettbewerb im April die Poetry Slam-Krone ja erneut anvisieren.