Lahr

Aus dem Königsberger wurde ein Schächtele

Heinz Siebold
Lesezeit 3 Minuten
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15. September 2022

Fritz Karl Wilhelm Pachot. ©privat

Fritz Pachot, der langjährige Presse- und Öffentlichkeitschef der Firma Roth-Händle, wird heute 80 Jahre alt. Um das stadtbekannte Original ranken sich viele Anekdoten.

Er hat den Überblick: Fritz Karl Wilhelm Pachot wohnt im westlichsten der Hochhäuser in der Römerstraße ganz oben. Nach Osten sieht er bis zum Schönberg, im Süden bis zum Belchen. Und je nach Wetter kann er die Sonne blutrot hinter der Vogesenkette im Westen bewundern. Lahr ist seine Heimat geworden, aber seine Geburtsstadt hat er nie gesehen. Als Zweijähriger wurde er 1944 von seiner Mutter Elfriede – „mein Muttchen“ nennt er sie zärtlich heute noch – im Kinderwagen auf der Flucht vor der Roten Armee  westwärts geschoben. Sein Vater Fritz war zwei Monate zuvor in den Wolchow-Sümpfen bei Leningrad beim Rückzug der Wehrmacht gefallen. 

Von der Flucht ist dem kleinen Fritz nur das brennende Dresden in Erinnerung geblieben, den Rest habe er verschlafen. Nach Stationen in Norddeutschland kam Witwe Pachot mit ihren drei Kindern nach Lahr und wurde in einer Baracke im Hugsweierer Weg in Dinglingen untergebracht. Der Nachwuchs musste fleißig zum Lebensunterhalt beitragen: Schnittmusterbögen für Burda-Moden, Formulare für Zahnärzte und Etikettenverzeichnisse falzen. Oder Faltschachteln für Stumpen „Weisser Rabe“ kleben. 

„Ich bin vom Königsberger Klops zum Lahrer Schächtele umgeschult worden“, witzelt Fritz Pachot. Vom Scheffelgymnasium wechselte er vor dem Abitur noch an die Höhere Handelsschule und tat sich schon früh als Anzeigenwerber für die Schülerzeitung Kleiner Merkur hervor. Nach der Lehre zum Werbekaufmann und Berufstätigkeit für eine Agentur in Hamburg landete Pachot 1973 bei der Badischen Tabakmanufaktur in Lahr und wurde 1979 Leiter der Öffentlichkeitsarbeit. 

Aufregende Phase

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Es war seine aufregendste berufliche Phase mit Reisen und sattem Spesenkonto. Er arbeitet mit Künstlern und Designern wie Gerd Grimm und Herbert Leupin am Image von Reval und Roth-Händle, den Lahrer Kult-Zigaretten, organisierte unter anderem die bekannt gewordenen „Roth-Händle-Editionen“ mit Plakaten von Nachwuchskünstlern. 

Der blaue Dunst hat Fritz Pachots Leben über die Zeit bei der Firma hinaus geprägt, die ihn und seine Abteilung 1983 wegrationalisierte. Seine Karriere als Einzelhändler im Vertrieb von Stoffresten war weniger spektakulär und endete 2002. Nichtraucher ist Fritz Pachot erst vor einigen Wochen geworden, die letzte Kippe war eine selbstgedrehte.

In und um Lahr herum kursieren viele schrullige Anekdoten über den umtriebigen, freundlichen und kommunikativen Mann, der mit dem Motorrad über die Alpen, nach Griechenland und nach Andalusien fuhr; mit einer Jolle über den Plobsheimer See bei Erstein im Elsass und wahlweise mit einem knallroten Daimler oder einem VW-Cabrio im ganzen Land unterwegs war. Heute ist das Fahrrad sein Fahrzeug. 

Etliche Schoten, die über ihn erzählt werden, stimmen aber nicht. Zum Beispiel die, dass er sich in einem Sarg durch Lahr  habe fahren lassen. Den Sarg hat er in seiner Wohnung in Ottenheim als Tisch auf der Veranda benutzt. Hergestellt hat ihn ein Schreiner aus dem Schuttertal nach einer feucht-fröhlichen Wette. Maß genommen wurde nächtens im „Kupferdächle“. Den Umzug nach Lahr hat das gute Stück jedoch nicht überlebt. „Hätte jetzt auch keinen Platz in meinem Taubenschlag“,  schmunzelt Pachot, der Vater einer Tochter und Opa einer Enkelin ist.

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