»Grüselhorn«

Lahrer Blogger wegen Volksverhetzung verurteilt

Karl Kovacs
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14. Februar 2017
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©Archivfoto: Mittelbadische Presse

Der Betreiber der Internetseiten »Grüselhorn« und »Neue Bürgerzeitung« ist am Dienstag zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Lahrer musste sich wegen des Verdachts der Volksverhetzung vor dem Amtsgericht verantworten.

Für Strafrichter Tim Richter gab es in der Urteilsverkündung am Dienstag keinen Zweifel: Mit drei Kommentaren auf seinen Internetseiten erfüllte der Betreiber der Blogs »Grüselhorn« und »Neue Bürgerzeitung«, ein ehemaliger Journalist und politischer Berater, den Tatbestand der Volksverhetzung. Das Urteil: 130 Tagessätze à 30 Euro. Die Staatsanwaltschaft forderte 180 Tagessätze. Der Angeklagte legt nach Auskunft von Verteidiger Oliver Hirt aus Spaichingen Berufung ein. 

Zweiter Termin

Es war der zweite Termin in der Strafsache vor dem Amtsgericht. Die ursprünglich für den 017. Januar angesetzte Verhandlung wurde verschoben, weil der Beschuldigte krankheitsbedingt nicht erschienen war. Die Anzeigen, die wie berichtet bei der Staatsanwaltschaft Rottweil erfolgt waren, wurden von der Staatsanwaltschaft Offenburg übernommen, in deren Zuständigkeitsbereich der Mann wohnt.

»Verbrecherzentren«

Die Kommentare wurden laut Oberstaatsanwalt Johannes Gebauer im September und Oktober 2015 sowie im Februar 2016 auf den Blogs veröffentlicht. Unter anderem schrieb der 75-Jährige zu einem Bericht des Online-Portals welt.de: »Merkel und ihre Regierung müssen zurücktreten (. . .) Das Volk soll über die Umvolkung durch die CDU entscheiden (. . .) Hier ist nicht Kanakenland.« In weiteren Beiträgen benutzte er den Ausdruck »Gesocks« und nannte Flüchtlingsunterkünfte »Verbrecherzentren«.  

Weil seiner Ansicht nach die Vorwürfe nicht »präzise genug« seien – die Beiträge wurden im gesamten Wortlaut in die Anklage übernommen – müsse das Verfahren eingestellt werden, forderte Verteidiger Hirt. Gebauer widersprach: »Man benötigt den Kontext, um die Äußerungen einordnen zu können.« 

Mit seinen Ausführungen überzeugte Hirt das Gericht im gesamten Verlauf des Vormittags nicht. Er argumentierte, der Angeklagte habe sich mit dem Wort »Kanakenland« auf Neukaledonien bezogen. »Dort gibt es eine Bewegung für einen Kanaken-Staat«. Im Kern habe er zudem sagen wollen, »dass wir nicht in einer Bananenrepublik leben«, versuchte Hirt satirisch zu erklären.

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Eigene Flucht-Erfahrung

Der Verteidiger weiter: Aufgrund eigener Flucht-Erfahrungen liege es seinem Mandanten fern, »Flüchtlinge pauschal als Verbrecher zu bezeichnen«. Viel mehr sei es ihm um »kriminelle Ausländer gegangen«. Zur Frage nach der Bedeutung des Worts »Umvolkung« sagte der 75-jährige Angeklagte: »Damit wollte ich den unkontrollierten Zuzug von Flüchtlingen kritisieren.« 

Staatsanwalt Gebauer betonte in seinem Plädoyer: »Die Begriffe sind nicht anders zu verstehen, als sie geschrieben wurden. Selbst eine gutmütige Interpretation ist hier nicht möglich.« Es sei eindeutig, dass mit den Aussagen Flüchtlinge beschimpft werden sollten. Wäre mit »Kanakenland« tatsächlich Neukaledonien gemeint, hätte er dies deutlich machen müssen. 

Der Beschuldigte quittierte die Einschätzungen Gebauers mit Kopfschütteln und musste mehrfach von seinem Verteidiger beschwichtigt werden. Der Angeklagte sei kein Rechtsradikaler, so der Oberstaatsanwalt weiter. Mit seinen Beiträgen habe er aber »zur Brandstiftung beigetragen«. 

Hirt zeichnete in seinem Schlusswort das Bild eines Intellektuellen, der »ein gebildetes Publikum anspricht«. Eine Internet-Recherche hätte deutlich gemacht, was beispielsweise der Begriff »Kanaken« bedeute. Er forderte die Einstellung des Verfahrens.

45 Minuten dauerte es, bis der Strafrichter das Urteil verkündete. »Es besteht kein Zweifel daran, dass der Beschuldigte weiß, welche Bedeutung die Begriffe haben«, begründete Tim Richter das Urteil. 

Die ersten beiden Kommentare seien weniger schwerwiegend. Sie wurden mit 30 Tagessätzen bestraft. Mit dem dritten (»Verbrecherzentren«) habe er indes gezeigt, dass er Flüchtlinge größtenteils als kriminell ansieht. »Mit der Gleichsetzung wurden gezielt Ängste geschürt und Hass angestachelt. Damit wurde eine Grenze überschritten, die nicht überschritten werden darf.« Der Kommentar sei geeignet gewesen, »den öffentlichen Frieden zu stören«. Dafür verhängte Richter 100 Tagessätze. Zu seinen Gunsten sprach, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist. 

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