Da wurde gerockt - Ramsch-Revival-Party im Schlachthof
Eine Fete vor zwei Jahren mit etwa 400 Gästen schreit förmlich nach Wiederholung. Also feierten viele „Ehemalige“ des Lahrer Jugendclubs „Ramsch“ am Samstag ein rauschendes Fest – passenderweise in der Jugendbegegnungsstätte Schlachthof. Es war dieses Mal auch der 50. Geburtstag des „Ramsch“.
Die Bilder mit alten Club-Ausweisen sprechen Bände. Neben „Photographien“, die heute sehr bieder wirken, erzählen die Namen der Mitglieder einiges über diese Zeit. Der Clou aus heutiger Sicht: Teilweise sind die Namen und Adresse von Hand geschrieben, teilweise mit Schreibmaschine. In der ehemaligen Großviehhalle liefen die Reproduktionen der Ausweise in einer Endlosschleife. Hier gab es eine Bar und zusätzlichen Platz, der nach den Erfahrungen vor zwei Jahren, dem ersten „Ramsch-Revival“, von den Organisatoren um Achim Haller im Vorfeld eingeplant worden waren. Er war auch nötig. Bald steppte in und um den Schlachthof der Bär.
Schaukeln an der Bar
Am Samstag im Schlachthof waren etliche Besucher unter den Gästen, die sich noch an die Anfänge des Jugendclubs erinnern können. Cornelia und Bertold Obergföll haben 1973 im „Ramsch“ ihren Polterabend gefeiert. Das Ehepaar gehört zur zweiten Generation, die Anfang der 1970er-Jahre den Jugendclub mit anderen Gleichaltrigen organisierten. Bertold Obergföll erinnert sich, dass seine Cousins Peter und Hubert Obergföll mit Pfarrer Seeger 1969 oder einige Jahre zuvor die Idee hatten, einen Jugendclub in Lahr zu gründen. „Sie haben den Anstoß gegeben.“ Interessant ist, warum es Ende der 1960er-Jahre den Bedarf für Jugendliche nach so einem Treffpunkt gab. Zur Erinnerung: Großjährig (heute volljährig) wurde man mit 21 Jahren. Die Absenkung auf 18 Jahre war ein Gesetz der sozialliberalen Koalition, noch unter Kanzler Willy Brandt 1974. Da waren Diskobesuche – beim noch jungen, aber ordentlichen Lahrer Nachtleben, dank der seit zwei Jahren anwesenden kanadischen Streitkräfte – schlicht unmöglich. Das Ehepaar erinnert sich heute noch gerne an „die kleine Reblaus“, Wein in Flaschen zu 0,2 Liter und Schaukeln an der Bar.
Auch Martin Nickert war unter den ersten Gästen. Er und eine Begleiterin erklären, was so Besonders am „Ramsch“ gewesen ist. „Als Mädchen mit 15 oder 16 Jahren war es unmöglich in eine Diskothek zu gehen.“ Das „Ramsch“, das zur KJG der katholischen Kirche gehörte und dazu im Keller der Kirche Sancta Maria beheimatet war, bedeutete eine Ausnahme. Es gab also die Möglichkeit für Jugendliche etwa ab 14 Jahren am Samstagabend auszugehen und andere zu treffen. Regine Sudhaus, die Mitte der 1970er-Jahre das „Ramsc“h besucht hat, ergänzt: „Es war eine tolle Zeit.“
Achim Haller, der nach einer Durststrecke ohne Jugendclub zu der Generation gehört, die das „Ramsch“ 1989 wieder eröffneten, stellt die Bedeutung fast genauso dar: Es sei ein Treffpunkt für Jugendliche ab 15 Jahren gewesen. Der Club habe bei den Eltern als „sicher“ gegolten, was an der Kirche gelegen hatte. Durch die Selbstverwaltung hatten die Besucher aber auch viele Freiheiten. Zu der Zeit begann in der Halle mit der Bühne auch die Disco (so sagte man damals): Passend lief zum Auftakt „Happy Birthday“ von Stevie Wonder.
Das "Ramsch"...
... im Keller der Kirche Sancta Maria existierte von 1969 bis 2003. Der Club war selbst verwaltet, wer abends ins „Ramsch“ wollte, benötigte einen Clubausweis. Es gab ein Organisationsteam, das an drei Abenden (mittwochs, freitags, samstags bis 24 Uhr) den Laden schmiss.