Das Sterben der Dorfläden stoppen
Wie können Innenstädte vor dem Veröden bewahrt und trotz zunehmendem Online-Handel belebt werden? Dazu trafen sich vergangene Woche Politik- und Wirtschaftsfachleute in Offenburg zum Abschluss des Projektes »Handelsmonitor Oberrhein«.
»Um lebenswerte Zentren und Ortskerne zu erhalten, braucht es den Einzelhandel möglichst nahe bei den Menschen«, sagte Staatssekretärin Katrin Schütz vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg vergangene Woche im Salmen.
Dort wurde der sogenannte »Handelsmonitor Oberrhein« vorgestellt, der zum zweiten Mal nach 2008 den gesamten Bestand des Einzelhandels in den Regionen Mittlerer und Südlicher Oberrhein beleuchtete. In der Studie – sie ist bundesweit einzigartig – ging es um die Bedeutung des Einzelhandels in Stadt und Region und darum, wie man diesen so steuern kann, dass Innenstädte lebendig und Ortszentren bestehen bleiben. Dazu wurden alle Handelsbetriebe beider Regionen befragt. Die Studie wurde von den Regionalverbänden sowie den Industrie- und Handelskammern Südlicher Oberrhein und Karlsruhe in Auftrag gegeben.
So habe sich die Nahversorgung seit 2008 verbessert. Die Gesamtverkaufsfläche stieg der Studie zufolge um fünf Prozent. Fast 60 Prozent der Bevölkerung der untersuchten Region wohnen heute in fußläufiger Entfernung zu einem Lebensmittelmarkt, im Radius von 500 Metern.
Doch die Probleme bleiben: Zunehmender Online-Handel, die Dominanz weniger Anbieter und der Rückzug inhabergeführter Geschäfte sind schon jetzt spürbar. So ging die Anzahl der Betriebsstätten in der Untersuchungsregion von 2008 bis 2017 um 14,3 Prozent auf knapp 9400 Betriebe zurück. Besonders kleinere Gemeinden im ländlichen Raum haben mit Schließungen zu kämpfen. »Der Wettbewerbsdruck auf die Einzelhandelslandschaft in unserer Region steigt«, betonte Philipp Frese, Präsident des Handelsverbands Südbaden. Volker Kieber, Bürgermeister von Bad Krozingen, nahm dagegen auch die örtlichen Geschäfte in die Pflicht: »Den Betrieben fehlt es an innovativen Konzepten. Der eine oder andere könnte sicherlich noch was an der Präsentation seiner Schaufenster feilen.« Auch bei den Öffnungszeiten könne der Einzelhandel beweglicher werden.
Die Kluft zwischen Stadt und Land wird indes größer. »Es gibt Gemeinden, in denen 30 bis 50 Prozent der Händler angaben, sie überlegten sich, ihr Geschäft in den nächsten fünf Jahren zuzumachen«, sagte Steffen Auer, Präsident der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein.
»Und wenn ein Traditionsgeschäft an die nächste Generation weitergegeben werden soll, scheuen sich viele junge Leute vor dem Risiko.« Auer rief die Konsumenten auf, darüber nachzudenken, welche Vorteile ein Einkauf in ihrem Lebensumfeld für die Dorf- oder Stadtgemeinschaft darstelle.
Ganze Region gefährdet
»In vielen Gemeinden der Ortenau lohnen sich die Geschäfte der inhabergeführten Läden gar nicht mehr«, führte Philipp Frese an. Eine Zeit lang versuchten die Ladeninhaber noch, ihre Kosten zu senken, aber viele Händler gäben nach schweren Jahren auf. »Händler sollten die Vorteile des Onlinegeschäfts für sich nutzen und dieses zusätzlich anbieten«, so Frese. »Der Online-Handel ist nicht der Feind des Einzelhandels, sondern ein Teil davon.«
Innerhalb von zehn Jahren sind die Ladenflächen in Oberzentren wie Offenburg um sechs Prozent gestiegen, in Mittelzentren wie Lahr um acht Prozent. In Kleinzentren und Dörfern sind sie um zwei Prozent gesunken. »Wir müssen alles tun, um die Läden in den Dörfern zu unterstützen«, sagte Steffen Auer. Aber auch die Händler selbst seien aufgerufen, Ideen einzubringen. »Wenn ein Dorf stirbt, ist eine ganze Region in Gefahr.«