Der Wunderheiler zu Besuch in Ottenheim

Die Medaille.
Möchten Sie in den Himmel kommen?« Ein lautes »Ja« kommt dem Großteil der über 250 Gläubigen in Ottenheims katholischer Kirche über die Lippen. »Was müssen Sie machen?« »Den Rosenkranz beten«, hallt es zurück. »Rosenkranz beten öffnet den Himmel«, sagt Pater Santan Fernandes, der Mittwochabend über die Glaubens- und Segenskraft der katholischen Kirche einen Heilungsgottesdienstes spricht. Dem Gottesdienst mit dem Segenspfarrer, der Teil der Jericho-Gebetswoche ist, wohnen erstaunlich viele junge Leute bei. Sie kommen nicht nur aus Ottenheim und seinen Nachbarn, sondern auch aus dem Kinzigtal, dem Schuttertal, aus dem Freiburger und Emmendinger Raum, aus Lahr, Friesenheim, Offenburg und Achern.
Gebannt lauschen sie den Worten des im indischen Bombay geborenen Mannes, dessen Elternhaus in Goa steht und der 1991 zum Priester geweiht wurde. Heute ist Santan Fernandes Pfarrer in St. Ulrich am Pillersee in Tirol. Fernandes, ein kleiner Mann mit großer Ausstrahlung, zieht seine Zuhörer in den Bann. Nur wenige scheinen unbeeindruckt von seinen wundersamen Erzählungen. Ein Mann aus Friesenheim stört sich beispielsweise an des Paters Frage nach dem in den Himmel kommen. Für einen anderen aus Steinach war es gar »Kinderkram«, nur seiner Frau zuliebe sei er nach Ottenheim gekommen. Den Männern war ihre Skepsis anzusehen. Der Großteil der Gottesdienstbesucher zeigt jedoch strahlende, mitunter auch ehrfurchtsvolle und aufschauende Gesichter.
Zeitweise ist es mucksmäuschenstill in der Kirche. Keiner will verpassen, wie Pater Santan mit sanfter Stimme von »Heilungswundern« berichtet. Von schweren Krankheiten, die plötzlich wie weggeblasen waren. Von unerfüllten Kinderwünschen wie bei den Eltern, die dann doch noch Zwillinge bekamen. »Gott schenkt manchmal nicht nur eins, sondern auch zwei – Gott ist großzügig.«
Im Kern des heilsamen Wirkens des Pfarrers steht die »Wundertätige Medaille«, die er um seinen Hals trägt. Nicht alle, aber viele lassen sich im Anschluss an den Gottesdienst damit segnen. »Ich bin seit meinem neunten Lebensjahr ein Kind Mariens gewesen und in dieser Zeit habe ich auch die wunderbare Medaille kennengelernt«, so Fernandes. Diese Medaille ist für ihn »ein besonderes Geschenk des Himmels und ein besonderes Geschenk für mein Leben« geworden. Sie ist kein Talisman, kein Glücksbringer, sondern ein Zeichen des mütterlichen Schutzes Mariens.
Bevor er Priester wurde, arbeitete Fernandes als Sozialarbeiter im indischen Bombay, wo er mit vielen Lungen-, Krebs- und Lepra-Kranken zu tun hatte. Angeregt durch tiefes Mitgefühl segnete er sie mit der »Wundertätigen Medaille« und setzte sein ganzes Vertrauen auf Gott. Bei einem Besuch in Israel vernahm er auf dem Ölberg in seinem Herzen den Ruf des Herrn: »Folge mir nach.« Er wurde Priester und gründete in Indien das Missionswerk »Apostel der Heiligen Familie«, eine ordensähnliche Gemeinschaft.
Solche Heilungs-Gottesdienste wie in Ottenheim fanden in den vergangenen Jahren übrigens schon viermal in der Ortenau statt: dreimal in Ettenheimmünster, einmal in Steinach. Von dort kommt auch ein großer Bewunderer von Fernandes, Wilhelm Heitzmann, der Besuch in Ottenheim organisiert hat.
Während der Pfarrer noch segnet, stehen andere Besucher am Stand vor der Kirche. Hier verkauft Schwester Uschi von den Aposteln der Heiligen Familie Schriften, Gebetstexte und Kassetten oder CDs von Pfarrer Santan Fernandes, Kreuzchen oder eben Mini-Nachbildungen der »Wundertätigen Medaille«.
Stichwort Medaille
Die »Wunderbare« oder »Wundertätige Medaille« ist weit verbreitet in der katholischen Welt. Sie geht zurück auf eine Marienerscheinung. 1830 bekam die 24-jährige Katharina Laboure, Novizin der Vinzentinerinnen, von der Gottesmutter den Auftrag, eine Medaille zu prägen. Auf der einen Seite ist Maria zu sehen. Die Strahlen aus ihrer Hand steht für die Gnade, die sie allen schenkt, die darum bitten. Die Inschrift lautet »0 Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen.« Auf der Rückseite ist ein M, von einem Kreuz überragt, das auf einem Querbalken ruht, darunter das Herz Jesu von einer Dornenkrone umgeben und das Herz Mariens, von einem Schwert durchbohrt. Ein Kranz von zwölf Sternen umrahmt das Ganze. Papst Pius XII erklärte 1947 die Schwester für ihre Erscheinung heilig.