„Ein besonderes Völkchen“
Den Verlust der politischen Eigenständigkeit vor 50 Jahren haben die Reichenbacher in Szene gesetzt. Das kleine Schauspiel bei der Hammerschmiede hatte jedoch nur wenig Publikum.
Die Protagonisten und Zeitzeugen haben sich bei der Hammerschmiede noch einmal bestens in Szene gesetzt, um auf typisch Reichenbacher Art an die Eingemeindung zu Lahr vor 50 Jahren zu erinnern. Was fehlte, waren die Reichenbacher selbst, für die das kleine Schauspiel als Wiederholung der Auftaktveranstaltung in Lahr gedacht war.
Tanja Mühlhaus moderierte das Geschehen, das in Reichenbach vor einem halben Jahrhundert die Frage aufwarf, schließt sich Reichenbach bei der Gemeindereform Seelbach oder doch lieber Lahr an? Die Antwort ist bekannt. Mit großer Mehrheit stimmten die Reichenbacher für den Zusammenschluss mit Lahr.
Dass die politische Entscheidung im Ort durchaus widersprüchlich diskutiert wurde, war dem Wortgefecht der Zeitzeugen Egon Billian, Gerd Merz und Albert Beck vor der Kulisse der Hammerschmiede zu entnehmen. Beobachter der munteren Performance war auch Silke Höllmüller vom Stadtmuseum in Lahr. Die Museumspädagogin bescheinigte den Akteuren, einmal mehr das politische Geschehen um die Eingemeindung bestens in Szene gesetzt zu haben. Doch nicht nur Wortgefechte lieferten die Zeitzeugen. Herbert Weiss, der Sohn des Komponisten Albert Weiss, der das „Reichenbach Lied“ einst textete, steckte mit seinem Akkordeonspiel die Zuhörerinnen und Zuhörer an, mitzusingen. Auf die Fragen von Tanja Mühlhaus wussten die Zeitzeugen stets eine passende Antwort.
Der damalige Stadt- und Ortschaftsrat Egon Billian beleuchtete das kommunalpolitische Geschehen rund um die Eingemeindung aus seiner Sicht, das letztlich ein Zusammengehen mit Lahr auch aus finanzpolitischer Sicht notwendig machte. Dem schloss sich nicht immer Gerd Merz an, der die Stimme des Volkes auf der Straße, an Stammtischen und in Vereinslokalen verkörperte. Er stellte die Reichenbacher als „ein besonders Völkchen“ dar.
Ihm sei damals wohl aufgefallen, dass der eine oder andere eher zu Seelbach tendierte, während Albert Beck (Junior) als Sohn des damaligen Bürgermeisters Albert Beck viel am häuslichen Küchentisch aufgeschnappt hatte, das eher die Zielrichtung nach Lahr vorgegeben hatte. „Politik blieb daheim tabu“, machte Beck deutlich, dass aus den Amtsstuben nichts im privaten Umfeld weitergegeben wurde. Genauere Auskünfte überlieferten die Nachlassdokumente seines Vaters, so Beck, die genau Auskunft darüber gaben, dass es damals keine andere Wahl gegeben habe, als sich Lahr anzuschließen.
Dass dies auch Reichenbach viele Vorteile gebracht habe, sagte Ortsvorsteher Klaus Girstl. Edgar Baßler vom Vorstand des Schwarzwaldvereins Reichenbach bedankte sich im Namen des Gastgebers für das historische Szenenspiel unter freiem Himmel. Baßler wies darauf, dass in der Auslage der Museumsstube einige Exponate aus der Eingemeindung vor 50 Jahren ausgestellt seien und auch noch in den nächsten Wochen in Augenschein genommen werden könnten.