Ein Wegbereiter des Gedenkens

Robert Krais. ©Foto: Wolfram Köhl
Robert Krais ist im Alter von 81 Jahren verstorben. Er war Gründer des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises Südlicher Oberrhein, hat sich im Behindertensport und anderen Bereichen engagiert.
Ein Schlüsselerlebnis für Robert Krais, der am 30. September 1941 in Freiburg geboren wurde, war das Münchner Olympia-Attentat, als am 5. und 6. September 1972 palästinensische Terroristen elf Mitglieder der israelischen Mannschaft zunächst als Geiseln genommen, um die Freilassung inhaftierter Palästinenser zu erzwingen, und dann ermordet haben. Krais betreute damals im olympischen Jugendlager israelische Sportler. Als er miterlebte, wie auf dem Flughafen München-Riem die Särge mit den toten Israelis verladen wurden, hat sich das tief bei ihm eingeprägt, wie er später erzählte: „Da verlassen wieder tote Juden Deutschland.“
Noch im September 2022 hat er bei einer Gedenkveranstaltung des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises eindrücklich davon berichtet. In der Folge gründete er 1974 den Deutsch-Israelischen Arbeitskreis Südlicher Oberrhein (DIA) dessen stellvertretenden Vorsitz er 1974 bis 1983 und 1999 bis 2020 innehatte; von 1983 bis 1999 war er Vorsitzender. Seit 2020 wurde er zum Ehrenvorsitzender ernannt.
Robert Krais hielt brieflich und persönlich intensiven Kontakt mit ehemaligen jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner der Region. Eine Reihe von ihnen kam über viele Jahre zu Zeitzeugenvorträgen nach Deutschland und in ihre alte badische Heimat: Hedy Epstein, Inge Auerbacher, Kurt Maier und Alice Goldstein. „Nicht zuletzt ist dies eine Frucht der außerordentlichen Menschenzugewandtheit von Robert Krais gewesen“, schreibt der DIA in einer Würdigung. Er beschreibt Krais als „einen Wegbereiter des Gedenkens und ein Kämpfer gegen das Vergessen“. Er habe das Gedenken jedoch nicht als Selbstzweck, sondern als Pendant zur Solidarität mit dem jüdischen Staat und zur Entlarvung des aktuellen Antisemitismus angesehen.
Als die DIA-Vorsitzende Simone Schermann 2019 stark dafür kritisiert wurde, dass sie an einer Kundgebung des rechtspopulistischen Vereins Pax Europa in Lahr mit Michael Stürzenberger teilgenommen hat, hat sich Robert Krais in der Badischen Zeitung vor sie gestellt: „Ich sehe die Aufgabe des DIA nicht nur als Erinnerungsarbeit an den toten Juden, sondern auch als Beistandsarbeit für die bei uns lebenden Juden.“
Seine Leistungen für die Erinnerungsarbeit der Region sind unbestritten. Jürgen Stude, Vorsitzender des Fördervereins Ehemalige Synagoge Kippenheim, sagt über Krais: „Er hat Pionierarbeit in Sachen Gedenken geleistet und insbesondere für den Erhalt der Kippenheimer Synagoge einen wichtigen Beitrag geleistet.“ Er habe sich sehr um die Überlebenden des Holocaust und um die Nachfahren bemüht. „Ohne seine Arbeit wären wir in der Erinnerungsarbeit in der südlichen Ortenau nicht so weit gekommen.“
Robert Krais war in seinen Positionen durchaus streitbar. Er hat sich öffentlich gegen die Corona-Maßnahmen und die Corona-Impfung gestellt und sich an den sogenannten Spaziergängen in Ettenheim beteiligt. Als die Lahrer Stolpersteingruppe vor einem Jahr der Initiatorin der Lahrer Samstagsdemonstrationen, Annette Franz in einer öffentlichen Stellungnahme Antisemitismus vorgeworfen hat, hat Krais sie verteidigt.
Brücke zum Menschen
Robert Krais war außerdem in seiner Jugend Leichtathlet und blieb dem Sport ein Leben lang verbunden, beruflich und ehrenamtlich – so schon 1968 als Jugendbetreuer bei der Winterolympiade in Grenoble. Seine erste Anstellung hatte er als Jugendreferent bei der Badischen Sportjugend in Karlsruhe. Nachdem er in den 1970er-Jahren als Sozialarbeiter an der Heimschule Ettenheim wirkte, war er von 1977 bis 1990 Sportreferent der Erzdiözese Freiburg.
Besonders engagierte er sich für den Behindertensport. Robert Krais gründete gemeinsam mit Margret Oelhoff 1978 die DJK-Elterngruppe Ettenheim, die bis heute Bestand hat. „Sport war für ihn jedoch nie Selbstzweck, sondern verstanden als eine Brücke zum Menschen“, schreibt der DIA in seinem Nachruf.
Am Sonntag ist Robert Krais im Alter von 81 Jahren verstorben. Die Trauerfeier findet am Montag, 6. Februar, 14 Uhr in der Pfarrkirche Ettenheim statt.