Folgen der Staustufe Gerstheim für Nonnenweier
Wegen der Bedeutung für die Stromerzeugung legte Frankreich am Rhein ab 1932 verschiedene Staustufen an. Unter anderem entstand vor 50 Jahren die Staustufe Gerstheim, was auch Auswirkungen auf Schwanau hatte.
Das Recht, Rheinwasser für die alleinige Stromerzeugung zu nutzen, ließ sich Frankreich im Friedensvertrag von Versailles (1919, Artikel 358) zusichern. Das Dokument verfügte auch den Bau des Rheinseitenkanals. Ab 1932 wurden so mehrere Staustufen am Rhein angelegt. Drei davon – Marckolsheim (1961), Rhinau (1963) und Gerstheim (1967, bei Rheinkilometer 272) – befinden sich im Großraum Schwanau (zwischen 25 und 50 Kilometer entfernt).
Die drei Kraftwerke wurden mithilfe einer »Schlingenlösung« errichtet. Was heißt das? Rund sechs Kilometer vor jedem Kraftwerk wird der Rhein in den Seitenkanal abgezweigt. Bei Nonnenweier war das am 25. Januar 1967 der Fall, ging einher mit der zeitweisen Schließung des Damms. Ein Schauspiel, das auf größeres öffentliches Interesse stieß.
Der Seitenkanal transportiert das Wasser zum Kraftwerk, wird kurz zuvor durch einen weiteren Damm in zwei Arme geteilt. Ein Wasserarm versorgt das Kraftwerk, der andere sichert den notwendigen Schleusenbetrieb. Einige hundert Meter nach dem Kraftwerk wird das Wasser dann wieder in den Rhein geleitet. Die Gesamtdistanz der »Schlinge« (Abzweig bis Wiedereinleiten) beträgt in diesem Fall rund 5,5 Kilometer.
Als knifflig erwies sich, genügend Wasser für den Kraftwerksbetrieb zur Verfügung zu haben. Also mussten beide Rheinufer mit Dämmen (acht Meter hoch, auf der Dammkrone fünf Meter breit) aufgeschüttet werden. Für das Laufwasserkraftwerk Gerstheim wurde bereits auf Höhe Kappel, unmittelbar nach der »Schlinge« Rheinau, begonnen. Das Material wurde im Rheinvorland ausgebaggert und verbaut. Als Folge entstanden zwischen Ottenheim und Kappel einige Seen. Zum Teil waren sie mehrere Hektar groß. Parallel zu den Dämmen wurden Drainagekanäle angelegt, um das Sickerwasser zu sammeln.
Seit dem 20. Januar 1967 wird der Schiffsverkehr durch den Seitenkanal geleitet, die Staustufe mit zwei Schleusen überwunden. Genutzt wurde der Damm außerdem als Grenzübergang nach Frankreich. Die Straße zum Damm diente seinerzeit als Militärstraße, angelegt wurde zudem eine Panzerrampe. Im September 1967 wurde der Übergang dem Zivilverkehr zugänglich gemacht, beiderseits Zollstationen angelegt. So ließ sich der damals noch gänzlich anders verlaufende Grenzübergangsverkehr abwickeln und regeln.
Zugeschüttet
Das vor dem Damm angestaute Wasser wird seitdem vor allem durch Wassersportler genutzt. Ab 1970 legten die Wassersportfreunde (WSF) Lahr eine Landebrücke sowie Bootsliegeplätze an. Für den Staudamm musste auch die Elzmündung zugeschüttet werden. Für den Fluss wurde ein größerer Durchlass in einen Altrheinarm eingerichtet, das Wasser Richtung Norden abgeleitet.
Die baulichen Maßnahmen haben vor 50 Jahren Auswirkungen auf die Topographie des Rieds genommen. Dämme, Stege und Gewässer haben Areale zugänglicher für Besucher gemacht. Allerdings musste ein weiteres Mal Abschied genommen werden von der unberührt-wilden Schönheit der Landschaft am Rhein.
Zahlen und Fakten
Das Gerstheimer Wehr ist 160 Meter lang und hat sechs Stützen aus Stahl (je 20 Meter breit und 10,30 Meter hoch). Der Kanal ist an der Wasseroberfläche 160 Meter breit und verfügt über 106,50 Meter Sohlenbreite. Die Schleusenkammern sind 190 Metern lang und 24 beziehungsweise zwölf Meter breit. Ein Beispiel: Die größere Kammer ermöglicht es bis zu sechs mittleren Güterschiffen, in 18 Minuten um elf Meter angehoben oder abgesenkt zu werden. Die Gesamtbaumaßnahme erforderte für das Wehr 55 000 Kubikmeter Beton und 1400 Tonnen Stahl. Dazu kamen Materialien für die Kanäle (80 000 Kubikmeter/50 Tonnen), für das Kraftwerk (150 000 Kubikmeter/2900 Tonnen) und die Schleusen (180 000 Kubikmeter/1800 Tonnen).