Führung durch die Innenstadt: Wo Juden in Lahr lebten
Jüdisches Leben in Lahr – es hat Spuren hinterlassen. Welche genau, darum ging es bei einem Rundgang in der Innenstadt anlässlich des Europäischen Tags der jüdischen Kultur.
Heute verweisen 59 Stolpersteine in Lahr an 28 Stellen auf Schicksale von Lahrer Juden, die Opfer der Nationalsozialisten wurden. Auf Einladung des Historischen Vereins Mittelbaden führte die Kunst- und Kulturhistorikerin Juliana Bauer am Sonntag Interessierte zu den heute noch vorhandenen jüdischen Spuren in der Innenstadt. Etwa 700 Jahre reicht die Geschichte zurück.
Am 22. Oktober 1940 wurden die noch in der Stadt verbliebenen 21 Juden zunächst in die französischen Pyrenäen nach Gurs deportiert. Oft folgten danach der Transport in die Todeslager Auschwitz oder Sobibor. Einige kamen bereits in Gurs ums Leben. Andere schafften die Flucht. Der Rundgang in Lahr begann daher am Gurs-Mahnmal für die deportierten Juden auf dem Friedrich-Ebert-Platz. Die Gruppe ging dann zu einigen Stolpersteinen, um etwas über das Leben dieser Menschen zu hören.
Trügerischer Frieden
Die 59 Stolpersteine sind augenfällige Punkte, die an die jüngere Vergangenheit und die Verbrechen an Juden im Dritten Reich mahnen. Bauer und Doris Gerteis, heute die Organisatorin der vielen Mahnmale in Lahr, erinnerten an die Schicksale dieser Mitbürger bis zum Ende des Zusammenlebens im Dritten Reich.
Nach der Reichspogromnacht wurden die verbliebenen Juden in der Schlossergasse im Judenhaus kaserniert. Es war endgültig das Ende eines im Rückblick eher trügerischen Friedens, der nur 80 Jahre dauerte. Erst mit der jüdischen Emanzipation in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand – nach vermutlich 500 Jahren – eine neue jüdische Gemeinde in Lahr. Die Juden erhielten 1862 per Gesetz des badischen Landtags die Freizügigkeit des Wohnortes und der Berufswahl und wurden so – zumindest auf dem Papier – auch gleichgestellt. Daher zogen viele Juden von den Umland-Gemeinden in die Stadt.
Diese neue jüdische Gemeinde in Lahr war allerdings klein. Bauer erklärte, dass es um 1900 etwa 140 Lahrer Bürger mosaischen Glaubens gegeben hat, was einem Prozent der Bevölkerung entsprach. Das war auch der Höhepunkt einer Lahrer jüdischen Gemeinde. Daher gab es nur einen Gebetsraum in der Bismarckstraße ab dem Jahr 1888 gegenüber dem Spital – im Gegensatz zur wesentlich größeren Gemeinde in Kippenheim mit Synagoge. Ein rituelles Bad, eine Mikwe, oder einen jüdischen Friedhof fehlten dagegen in Lahr. 1933, dem Jahr der Machtergreifung der Nazis, waren es noch knapp 100 Menschen, die jüdischen Glaubens waren.
»Burger«
Die jüdische Geschichte in Lahr ist aber weitaus älter. Juden werden bereits ab dem frühen 14. Jahrhundert hier gewohnt haben. Bauer bemühte dazu das berühmte Bürgerbuch aus dem Jahr 1356, das im Rückblick Juden als »Burger« erwähnte. Als »Burger« haben Juden sich wohl in Lahr in der Mitte des 14. Jahrhunderts erstmals angesiedelt. Die Namen »Judenbrunnen« und eine »Judengasse« tauchen in der Quelle auf. Der Hinweis ist deutlich: Die Gasse wurde – laut Bauer – nur so genannt, wenn es hier sicher mehrere Familien gegeben hat. Eine Judengasse – heute an der Westseite des Marktplatzes – hat es übrigens in Lahr bis zum Jahr 1876 gegeben.