Trotz Millionen-Rücklagen: Friesenheim braucht satten Kredit

Heizung, Lüftung und Brandschutz der Sternenberghalle müssen erneuert werden. 1,438 Millionen Euro sind dafür im Haushalt 2019 eingeplant, 300 000 Euro davon gibt es als Zuschuss. Weitere 1,763 Millionen Euro sind verbindlich für den Haushalt 2020 vorgesehen (Verpflichtungsermächtigung). ©Ulrich Marx
Rund viereinhalb Stunden lang rang der Gemeinderat am Montagabend um den Haushalt 2019. Es kam nur rein,was nötig ist. Dennoch: Trotz zwei Millionen Euro aus den Rücklagen fehlen unterm Strich 1,866 Millionen Euro, die als Kredit aufgenommen werden sollen.
Maximal 1,9 Millionen Euro sollen im kommenden Jahr über einen Kredit finanziert werden. Dieses Ziel stand bereits am Anfang der Sitzung fest. Der Haushalt 2019 war am Montagabend Thema im Gemeinderat. Rund viereinhalb Stunden lang wurde das mächtige Zahlenwerk akribisch durchgearbeitet – und am Schluss fast eine Punktlandung hingelegt. Bislang lief es für die Gemeinde Friesenheim immer besser als erwartet. 2016 sollte eigentlich erstmals nach Jahren ein Kredit aufgenommen werden. So war es im Haushalt vorgesehen. Doch vor allem ein Mehr an Gewerbesteuer sorgte dafür, dass die Finanzspritze von der Bank nicht benötigt wurde. 2017 und 2018 liefen ähnlich ab.
Für dieses Jahr waren zum Beispiel 4,5 Millionen Euro als Kredit geplant gewesen. Die Unterbringung von Flüchtlingen war bei der Erstellung des Haushalts ein finanzielles Schwergewicht gewesen. Doch da mit dem Umbau des ehemaligen BW-Depots in Oberschopfheim nicht begonnen wurde, wurden auch die vorgesehen zwei Millionen Euro nicht benötigt. Das entspannte die Lage im Gemeinde-Geldbeutel deutlich. Nun sollen »die Flüchtlingszahlen erst einmal beobachtet werden« und dann soll 2019 entschieden werden, wie es weitergeht, verkündete Bürgermeister Erik Weide am Montag im Gemeinderat. Für das BW-Depot sind nun nur 350.000 Euro als Planungsrate im Haushalt des nächsten Jahres vorgesehen – und keine drei Millionen Euro für den Umbau.
Von eins bis drei
Die drei Millionen standen aber schon von vornherein nicht im Haushaltsentwurf, sondern nur im Maßnahmenkatalog. Diese Aufteilung ist neu. All das, was sein muss, wird in den Haushalt aufgenommen. Alle anderen Maßnahmen, die zwar auch umgesetzt werden müssen, nur nicht unbedingt sofort, landen auf einer Liste – und werden mit einer Priorität versehen. »Eins« bedeutet dringend, am besten im Jahr darauf – »drei« kann noch länger warten, notfalls Jahre. Die Einstufungen hatte erst einmal die Verwaltung vorgenommen. Änderungswünsche gab es einige am Montagabend. Zum Beispiel der Lindenplatz in Schuttern. Die Planungsrate über 50.000 Euro für die Umgestaltung war mit einer »Zwei« versehen.
Ortsvorsteher Hans-Jürgen Kopf (Freie Wähler) forderte die »Eins« – und scheiterte. Die Beleuchtung des Radwegs vom Bahnhof nach Schuttern (35.000 Euro) dagegen schaffte den Aufstieg von eins auf drei. Obwohl Joseph Hugelmann (GLU) mit Blick auf »die Lichtverschmutzung« meinte: Die paar, die nachts den Weg nutzen, können auch eine Taschenlampe nehmen. Einige wenige Maßnahmen schafften gar den Sprung in den Haushalt – wie der Umbau des Mittagessensraums in der Grundschule Oberschopfheim (60.000 Euro). Und das Gesamtkonzept für Nutzung und Sanierungen für die Bildungseinrichtung wurde neu in den Katalog aufgenommen (Priorität eins), auf Antrag der Freien Wähler.
»Bisschen willkürlich«
An dem Punkt entzündete sich auch eine kurze Debatte über Sinn und Unsinn der Liste. Martin Mußler (Freie Wähler) begrüßte die Neuerung: »Die Festlegung von Prioritäten ist zukunftsorientiert und gibt uns einen Überblick über die benötigten Haushaltsmittel.« Zudem werde keine Maßnahme vergessen. Dietmar Kairies (GLU) empfand »die Priorisierung bisschen willkürlich. Ich kann die positive Bewertung nicht teilen.« Julius Haas (CDU) schloss sich dem an: Die Zukunft sei nicht vorhersehbar.
Am Schluss der Haushaltsberatung war klar: Die Rücklage muss »bis zum bitteren Rest« geleert werden, wie es Rechnungsamtsleiter Joachim Wagner formulierte. Sprich: 534.000 Euro müssen von Gesetzes Wegen in der Kasse bleiben – die übrigen zwei Millionen Euro sollen entnommen werden. Und da das nicht reicht, um alle Ausgaben zu decken, soll noch ein Kredit von 1,866 Millionen Euro aufgenommen werden. Da somit noch ein bisschen Spielraum zu den vorgegebenen 1,9 Millionen Euro war, regte Markus Rottler (SPD) an: »Vielleicht könnten wir kleine Prioritäten noch reinnehmen?« Alle anderen am Ratstisch waren jedoch dagegen. »Ich sehe nicht die kleinen Beträge«, sagte Kairies, »sondern das, was dahintersteht. Das sind Planungsraten für etwas. Das heißt, da kommt noch
Der Haushalt 2019 in Zahlen
- Verwaltungshaushalt: 31,295 Millionen Euro
- Vermögenshaushalt: 7,615 Millionen Euro
- Zuführung an den Vermögenshaushalt: 2,083 Millionen Euro
- Finanzierungsbedarf: 1,866 Millionen Euro
- Verpflichtungsermächtigung 2020: 1,993 Millionen Euro
- Rücklagen-Entnahme: 2 Millionen Euro
- Wichtige Einnahmequellen:
- Gewerbesteuer 3,1 Millionen Euro
- - Anteil Einkommensteuer 7,669 Millionen Euro
- - Schlüsselzuweisungen vom Land 8,107 Millionen Euro
- Beispiele für Ausgaben, auf die die Gemeinde keinen Einfluss hat:
- Finanzausgleich 3,845 Millionen Euro
- Kreisumlage 4,784 Millionen Euro
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