Gratulation: Leonie Biehler feiert heute ihren 100.
Es ist nicht alltäglich, dass man einer Seniorin zum 100. Geburtstag gratulieren kann. Die Gelegenheit dazu besteht jedoch heute, Samstag, im Kursana Domizil in Friesenheim, denn dort feiert Leonie Biehler (geborene Herrmann) diesen seltenen Jubeltag.
Der 16. Juni 1918 war ein Sonntag, an dem Leonie Biehler im Hause ihrer Eltern in Kuhbach das Licht der Welt erblickte. Im Gegensatz zu den meisten Kindern ihres Jahrgangs wuchs sie nicht in einem landwirtschaftlichen Betrieb auf, denn ihr Vater Wilhelm war selbstständiger Großhandelskaufmann mit einer breiten Palette von Angeboten, die unter anderem auch von drei Vertretern unters Volk gebracht wurden. So besuchte sie auch nach der Volksschule die damalige Aufbaurealschule für Mädchen (heute Clara-Schumann-Gymnasium) in Lahr. Hinzu kam ein Jahr Haushaltsschule am Bodensee. Anschließend verblieb sie im Hause ihrer Eltern als Mädchen für alles. Unter anderem betreute sie auch ihren 15 Jahre jüngeren Bruder. »Den habe ich aufgezogen«, sagt sie dazu im Gespräch mit dem Lahrer Anzeiger.
Mit 19 Jahren lernte sie ihren Mann Anton Biehler – wie bei dieser Generation fast üblich – beim Tanzen kennen. Er war Soldat, als sie ihn 1944 im Rahmen eines Fronturlaubs in der Kuhbacher Dorfkirche heiratete. Zuvor hatte er ihr aus Italien einen Stoff geschickt, aus dem die Hausschneiderin das Hochzeitskleid nähte.
Nur wenige Tage als Eheleute blieben dem Paar, denn Anton Biehler musste gleich wieder zurück in den Kriegseinsatz. Davon kehrte er nicht mehr zurück. Schlimmer noch: Er gilt bis zum heutigen Tag als vermisst, so dass seine Gattin noch nicht einmal weiß, wo er seine Ruhestätte gefunden hat. »Er hat noch zu mir gesagt ›Kinder bekommen wir später, denn ich komme bestimmt zurück‹«, erinnert sich die 100-jährige.
Leonie Biehler musste sich nicht um einen Arbeitsplatz außerhalb ihrer Familie kümmern, denn auch in der Firma ihres Vaters war sie bald eine gefragte Kraft in allen Bereichen. Mit 58 Jahren wurde sie schließlich Rentnerin und lebte zurückgezogen bis zu ihrem 96 Lebensjahr im elterlichen Haus in Kuhbach. Dann entschloss sie sich auf Grund einiger körperlicher Gebrechen, nach Friesenheim in das Kursana Domizil umzuziehen. Bilder an der Wand von der alten Dorfkirche, der Brudertalkapelle und eines schönen Wasserlaufs der Schutter sind Zeugnis von den Stellen, an denen sie sich immer gern aufgehalten hat.
Geistig fit
Die Jubilarin benötigt die meiste Zeit einen Rollstuhl, ist aber noch geistig fit und kann alle an sie gerichteten Fragen ohne lange zu überlegen beantworten. Für ihren heutige Geburtstag haben ihre drei Nichten und deren Kinder für ihre Tante Leonie eine ganz besondere Überraschungen ausgedacht.