»Hier war sie die gute Tante«

Anja Rolfes - Will das Interesse an Friederike Brion wecken, die auf dem Friedhof in Meißenheim ihre letzte Ruhe gefunden hat: Bürgermeister Alexander Schröder.
Herr Schröder, Friederike Brion wird 200 Jahre nach ihrem Tod oft als Meißenheims berühmteste Tochter bezeichnet. War Sie auch zu Lebzeiten ein Promi?
Alexander Schröder: Friederike war im Ort nicht die Frau, die eine Beziehung zu Goethe hatte, sondern sie war die gute Tante, die in Meißenheim unterwegs war und den Bedürftigen geholfen hat. Das geht es aus den Zeugnissen hervor. Der Totengräber Andreas Hockenjos erzählte zum Beispiel: »Oft hat sie nächtlicherweilen heimlich Kuchen und sonstige Dinge gebacken und hat sie am Morgen in die Hütten der armen Landleute gebracht und ausgeteilt. Die Kranken hatten an ihr eine treue Wärterin, und an manchem Lager hat sie gewacht, Trost gespendet und Gutes getan.« So wird die Friederike auch heute noch im Ort gesehen.
Goethe spielte also gar keine Rolle?
Schröder: Nein. Goethe war hier nie. Die Beziehung zu Goethe bezieht sich auf Sessenheim. Verklärt man Friederike Brion nun oder nicht? Ich glaube nicht. Friederike hat ihr ganzes Leben lang geholfen, wo sie auch war, in der Regel in den jeweiligen Pfarrhäusern.
Tiefere Einblicke in Friederikes Leben soll eine Ausstellung geben, die übermorgen eröffnet wird. Was erwartet die Besucher?
Schröder: In der Ausstellung gibt es über 40 Schautafeln zu sehen über ihr ganzes Leben, von Niederroedern über Sessenheim, Rothau im Breuschtal und Diersburg bis Meißenheim. Neben Texten sind auch Bilder oder Skizzen von damals dabei. An einem Computerterminal gibt es multimediale Anwendungen auf Deutsch und Französisch zu dem Thema. Da soll auch die Ausstellung als Präsentation dazu mit dem Hintergedanken, dass man Jugendliche eher über Computer als über Schautafeln begeistern kann. Und vom Vortrag am 3. April soll auch noch eine Kurzversion eingefügt werden.
War es schwierig, an Material zu kommen?
Schröder: Die Zeugnisse sind, sagen wir mal nicht gerade üppig. Aber aus dem Arbeitskreis heraus kam viel Unterstützung, besonders von Norbert Klein und Gerard Menet. Und wir sind auf interessante Sachen gestoßen. Wir haben zum Beispiel zwei Friederike-Stuben im Ort, eine im »Riedhof« und eine im ehemaligen Gasthaus »Krone«. Letzteres ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr auf. Aber in der Stube findet sich verschiedenes Bildmaterial. Wir haben das Gespräch mit den Besitzern gesucht und dürfen nun sämtliche Bilder bei uns aufhängen.
In der Einladung zur Ausstellung ist auch von »E alder Missner« die Rede. Was hat es damit auf sich?
Schröder: Es gab einen anonymen Brief an die Gemeinde, adressiert an den Bürgermeister und den Arbeitskreis. Da hatte sich jemand Gedanken gemacht, als er in der Zeitung las, dass wir Interessierte für das Mitwirken im Arbeitskreis suchen. Er hat sich hingesetzt und spontan einen Brief an Friederike verfasst. So schrieb es uns das wenigstens. Am Schluss heißt es »freundlichst E alder Missner«. Den Brief möchte ich vorlesen. Aber ich habe keine Ahnung, von wem er kommt.
Warum sollten sich Menschen aus Meißenheim und vielleicht auch dem Umland für Friederike Brion interessieren?
Schröder: Weil Friederike diejenige war, die Goethe wieder zum Dichten inspiriert hat. Deshalb haben wir ganz viel Literatur bekommen.
Veranstaltungen
Donnerstag, 21. März: 19 Uhr Eröffnung der Dauerausstellung »Friederike Brion« im Rathaus Meißenheim.Mittwoch, 3. April: 15 Uhr Gedenkfeier mit Kindern am Grabmal, Barockkirche Meißenheim. 19 Uhr VHS-Vortrag »Das Leben der Friederike Brion« von Norbert Klein im Rathaus Meißenheim.Samstag, 6. April: 15 Uhr zweisprachige Führung durch Sessenheim auf den Spuren von Friederike und Goethe, Treffpunkt Gasthof »Ochsen« (Auberge au boeuf«).Sonntag, 7. April: 10.15 Uhr Festgottesdienst mit Kirchen- und Posaunenchor sowie Ansprache am Grabmal mit Kranzniederlegung.Freitag, 26. April: 20 Uhr »Ach Wolfgang...« Live-Hörspiel des SWR, Studio Freiburg, im Eventhaus »Sonne« Meißenheim.Freitag, 9. August/Samstag, 12. Oktober: 19 / 14.30 Uhr Kirchenführung mit Werner Stielau.