Kleine Besetzung spielt großes Theater

Nur drei Schauspieler auf der Bühne – und doch ganz großes Theater. ©Foto: Heidi Fössel
Das Schauspieltrio von der Theaterbühne im Keller überzeugt mit der Komödie „Play Strindberg“ nach Dürrenmatt und stellt die Charaktere facettenreich dar.
Mit dem Stück „Play Strindberg“ von Friedrich Dürrenmatt hat sich die Theaterbühne im Keller unter der Regie von Christopher Kern nach coronabedingter Pause am Wochenende zurückgemeldet. Katrin Bucherer, Reinhard Kattinger und Ralf Kuchheuser haben die Charaktere der 1969 uraufgeführten Komödie facettenreich dargestellt.
Das bürgerlich biedere Bühnen-Wohnzimmer im Stiftsschaffneikeller trügt natürlich. Chaiselongue, Plüschsessel, Vorhänge im Blumenmuster, Häkeldeckchen auf dem Flügel können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Zuschauer hier in einen Sparring hineingezogen wird, in dem sich ein Ehepaar kurz vor der Silberhochzeit in zwölf Runden erbitterte Wortgefechte liefert: „Stirb endlich“ raunt die einst berühmte Schauspielerin Alice (Katrin Bucherer) ihrem bewusstlos im Sessel hängenden Gatten Edgar (Reinhard Kattinger) ins Ohr. Des Ehelebens überdrüssig, ist sie sicher: „Ich bin die Stärkere von uns beiden.“
Erbitterte Wortgefechte
Edgar, seinerseits berühmter Militär-Schriftsteller und auch knapp vor der Pensionierung stets dienstbereit („Ich gehe die Posten inspizieren“), wähnt sich trotz häufiger Herz-Attacken unverwüstlich („Ich bin kerngesund – ich lebe noch 20 Jahre.“). Und Herr der Lage: „Eine Frau musst du formen“, prahlt er vor Kurt (Ralf Kuchheuser), dem Vetter seiner Gattin, der für ein paar Tage zu Besuch weilt.
Nach und nach erfährt das Publikum, dass es Kurt war, der Alice und Edgar verkuppelt hat, obwohl er selbst eine mehr als verwandtschaftliche Liaison mit seiner Cousine hatte. Und weil alte Liebe nicht rostet, beginnen Alice und Kurt (geschieden und im Ausland auf dubiosen Wegen zu Reichtum gekommen) erneut eine Affäre – die Ménage-à-trois scheint perfekt. Nur dass sie sich beim Blick auf die Vergangenheit zu einem Vierer erweitert, denn auch Edgar und Kurts Ex-Ehefrau waren sich näher gekommen, als erlaubt.
Dass der Vetter am Ende wieder das Weite sucht und Cousine samt mittlerweile durch Schlaganfall gelähmten und nur noch zu unverständlichem Brabbeln fähigen Ehemann in der Turmwohnung auf der kleinen Insel ihrem Schicksal überlässt, hat der lebenserfahrene Zuschauer schon geahnt – derlei Geschichten sind bekannt. Was der an und für sich nicht sehr actionreichen Handlung Pep gibt, das ist die Kunstfertigkeit, mit denen das Lahrer Schauspieler-Trio die Dialoge umsetzt. So mimt Katrin Bucherer perfekt die frustrierte Frau, deren Leben seit dem Auszug der Kinder feststeckt zwischen Stickrahmen, Klavierspiel und einem Rest ehelichen Pflichtgefühls.
Hohe Kunstfertigkeit der Darsteller
Reinhard Kattinger gibt überzeugend den laut polternden alten Offizier, der sich vom Rest der Gesellschaft scharf abgrenzt: „Alles nur Pack!“ Was dem Ehepaar an Gemeinsamkeit bleibt, ist die abendliche Partie Karten und die Liebe zum Klavierspiel.
Mondäne Klasse bringt die Rolle des Kurt ins Spiel, die Ralf Kuchheuser mit Bravour auf die Bühne bringt: In abgeklärt lakonischer Sprechweise zeigt er einerseits Empathie für beide Seiten, lässt andererseits in monoton wiederholten Phrasen sein Desinteresse erkennen. Dass hie wie da munter betrogen und gelogen wird, wischt er mit weltmännischer Gelassenheit vom Tisch: „Das kommt überall vor, in der großen weiten Welt sind nur die Dimensionen ein bisschen anders.“ Fazit: kleine Besetzung spielt großes Theater – Hut ab.