Musikschule Lahr setzt auf digitale Lern-Plattform

Johanns Fechner probierte sich beim Rundgang an einem Instrument aus. ©Thorsten Mühl
In kleiner Runde fand am Donnerstag der zweite Termin der Lahrer SPD-Sommertour statt. Inhaltlich ging es um Konzept, Ziele und Zukunftspläne der städtischen Musikschule. Vor allem in Sachen Digitalisierung haben die Verantwortlichen einiges vor.
Seit 2009 leitet Tobias Meinen die städtische Musikschule Lahr. Die Einrichtung hat in den vergangenen Jahren einen deutlichen Aufschwung genommen. Die SPD richtete am Donnerstag, im Beisein von OB Wolfgang G. Müller, dem Kreisvorsitzenden Karl-Rainer Kopf und MdB Johannes Fechner, viele Fragen an Meinen, unter anderem zur Digitalisierung. Der Leiter distanzierte sich von Konzepten andernorts, wo auf nur noch 20-minütige Unterrichtseinheiten gesetzt werde. »Sparen an der Zeit, um günstiger zu sein, ist ein Weg, der nach unserem Empfinden nicht geht«, unterstrich Meinen. In Lahr werde versucht, die Attraktivität zu erhöhen, »indem die Schüler länger im Haus bleiben können, das Ganze bei stabilen Kosten«, erläuterte er.
Seit 2016 besteht in Lahr bereits das Modell »GrooveLab« für den Gruppenunterricht im Popularbereich. Dabei werden Ansätze der Montessori-Pädagogik mit digitalen Hilfsmitteln verbunden. Ergänzend ist eine digitale Lern-Plattform angedacht, die völlig neue Möglichkeiten des Lernens ermöglicht. Meinen führte exemplarisch an: Ein Schüler könne zuhause mittels App ein vierstimmiges Concerto betrachten, die eigene Stimme begleitend einspielen und aufnehmen. Mit dem Lehrer finde digital Austausch und Einschätzung statt.
Bemerkenswert: Die städtische Musikschule Lahr ist die einzige Schule, die sich bundesweit bisher an der Idee (siehe Kasten) beteiligt. »Wir haben hier Leute, die über den Tellerrand hinausschauen und eine Stadt, die uns entsprechende Möglichkeiten bietet. Wir müssen offen sein, die Musikschule der Zukunft muss sich verändern«, betonte Tobias Meinen.
Dorothea Hertenstein hinterfragte kritisch, ob auf diesem Weg nicht Kommunikation und soziale Funktion verloren gingen. Meinen dazu: »Wir wollen die Voraussetzungen zum Üben verbessern. Der klassische Musikunterricht bleibt, Schüler können so aber auf einem ganz anderen Niveau einsteigen. Wir wollen uns verändern, vom Lehr- zum Lernhaus.« Konkret sprach Meinen von »individualisiertem Lernen im sozialen Kontext«. Schüler könnten, innerhalb des Zeitfensters von 14 bis 19 Uhr, zum Üben kommen. Der Unterricht sei nicht mehr so lehrer-zentriert, »die Schüler-Fluktuation tendiert gegen Null«. Im klassischen Bereich werde dagegen der Einzelunterricht nicht aufgelöst.
Beim Rundgang berichtete Meinen außerdem von den Plänen, die Lotzbeckstraße 20 zum »Haus der Musik« zu entwickeln. Räumliche Ressourcen seien mehr oder weniger vorhanden. Ziel sei aber, die Bereiche Popular und Klassik perspektivisch stärker zu trennen, um das jeweilige Arbeiten noch weiter zu intensivieren. Die SPD sicherte, beeindruckt vom Gehörten, ihre Unterstützung zu.
Zahlen zur Musikschule
Die Musikschule zählt rund 2100 Schüler, wobei etwa 1100 den Kern bilden. Dazu kommt ein international besetztes, 45-köpfiges Kollegium. »Das Kollegium ist so bunt wie die Stadt Lahr«, bemerkte SPD-Fraktionsvorsitzender Roland Hirsch.
Die digitale Lernplattform würde 200 000 Euro kosten, ein erster Antrag wurde bereits gestellt. Die Stadt würde 100 000 Euro an Eigenanteil beisteuern. Zeitlich geplant, soll es im Oktober 2020 eine erste App geben.
Weiter wird daran gedacht, eine GmbH zu gründen, in deren Aufsichtsrat zum Beispiel Stadt und Landesverband vertreten sein könnten. Als Gesellschafter sollen Größen aus der Wirtschaft gewonnen werden.