Oberschopfheim kämpft für seine Flüchtlinge
Das Landratsamt will das Pfarrhaus Oberschopfheim Ende Mai als Flüchtlingsunterkunft schließen. Ortschaftsrat und Netzwerk Solidarität kämpfen für den Erhalt. Der Kauf des ehemaligen Bundeswehr-Depots befindet sich in abschließenden Verhandlungen.
Bereits beim Betreten des Bürgersaals Oberschopfheim war das Thema des Ortschaftsrats zu erahnen. Denn neben einigen alteingesessenen Bürgern waren fast alle der 16 Flüchtlinge gekommen, die derzeit im Pfarrhaus (vorläufige Unterbringung) wohnen. Ortsvorsteher Michael Jäckle (CDU) konnte sich am Montagabend nicht an einen Besucherandrang dieses Ausmaßes bei einer öffentlichen Sitzung erinnern und holte für alle Zuhörer Stühle herbei.
»Mit Füßen getreten«
Eigentlich ging es bei dem Tagesordnungspunkt lediglich darum, einen Antrag an Gemeinderat und Verwaltung zu formulieren, damit die Gemeinde das Pfarrhaus mietet. Noch bis Ende Oktober hat das Landratsamt das zentral gelegene Gebäude für die Erstunterbringung von der Erzdiözese Freiburg gemietet. Wie Ortsvorsteher Michael Jäckle erläuterte, soll die Einrichtung jedoch bereits Ende Mai geschlossen werden. Für die Flüchtlinge würde dies eine Verlegung in andere Unterkünfte bedeuten. Damit will sich vor Ort offenbar niemand abfinden. Oberschopfheim kämpft für seine Flüchtlinge. Die Flüchtlinge kämpfen für Oberschopfheim – dieser Eindruck entstand im Saal.
Als Grund für die überraschende Schließung des ursprünglich für 23 Flüchtlinge ausgelegten Hauses führte das Landratsamt das notwendige Abziehen des Hausmeisters an. »Wird das Ehrenamt hier mit Füßen getreten?« Jäckle hinterfragte dies nicht nur, sondern bot einen ehrenamtlichen Ersatz für dieses Aufgabenfeld an und wandte sich bereits über den CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Weiß an Landrat Frank Scherer. Eine Entscheidung steht noch aus.
»Ein tolles Zeichen«, freute sich Martina Hamm vom Netzwerk Solidarität. Mit ihren Mitstreitern will sie verhindern, dass die Flüchtlinge nun nach Friesenheim verlegt werden, um dann in der bevorstehenden Anschlussunterbringung erneut umziehen zu müssen. »Sie werden hin- und hergeschoben wie Zahlen, so ist keine Integration möglich.«
»Eine Ohrfeige«
Die Situation der Menschen, meist als Freunde bezeichnet, stand auch im Fokus der anschließenden Diskussion. Während Martin Mußler (Freie Wähler) riet, auf Zeit zu spielen und auf Anerkennungen als Flüchtlinge zu warten, sprach Uwe Benz (CDU) die deutlichsten Worte: »Das ist eine Ohrfeige für die Menschlichkeit. Ich schäme mich für diese Demokratie in unserem Land. Hier wird das Ehrenamt vor den Kopf gestoßen!«
Trotz des einstimmig gefassten Beschlusses, sich für die Anmietung des Pfarrhauses auszusprechen, zeigte sich Hamm wenig optimistisch. Demnach habe sich das Landratsamt bisher kaum kooperativ gezeigt.
Ebenfalls um die Flüchtlingsunterbringung ging es in einem weiteren Tagesordnungspunkt. Hinsichtlich des Erwerbs des ehemaligen Bundeswehr-Depots informierte Jäckle: »Es wird wohl zum Kauf kommen. Vertrag und Preisabsprache sind noch in Arbeit.« Nachdem sich der Gemeinderat vor Ort ein Bild von den Gebäuden auf dem 40 Ar großen Grundstück gemacht habe, stünden Entscheidungen wie Ausbau oder Abriss zu einem späteren Zeitpunkt an. Hierbei biete die mögliche Beteiligung eines Investors eine weitere Option, informierte Ortsvorsteher Jäckle.