Ottenheimer Arrangeur: Zur Not tut’s auch der Kopf
Im Juli präsentiert der Akkordeon-Club Ottenheim (ACO) zum vierten Mal sein Konzertereignis »Sommernachtstraum«. Dirigent Werner Stiefel arrangiert unter anderem dafür viele Stücke selbst. Eine Leidenschaft, über die er mit dem Lahrer Anzeiger sprach.
Fast 30 Jahre ist Werner Stiefel bereits Dirigent des ACO. Nahezu ebenso lange arrangiert er auch schon Stücke für Akkordeon, wie er im Gespräch mit dem Lahrer Anzeiger zu berichten weiß. »Erste Überlegungen und vereinzelte von mir selbst arrangierte Stücke hat es schon gegeben, als Fritz Marx noch ACO-Dirigent war. Aber das waren die kleinen Anfänge«, erinnert sich Stiefel schmunzelnd.
Bemerkenswert verändert hat sich der kreative Prozess in nahezu drei Jahrzehnten. Die Ausgangslage ist so: Prinzipiell lassen sich alle möglichen Stücke umschreiben, liegen vielfach auch für zahlreiche verschiedene Instrumente vor. Für Akkordeon muss das nicht klassischerweise gelten. In Zeiten des Internets ist das Recherchieren nach entsprechendem Notenmaterial und die Kontaktaufnahme zu Verlagen, die sich auf das Bereitstellen entsprechenden Materials spezialisiert haben, wesentlich erleichtert und beschleunigt worden.
Prä-Internet-Zeit
In der Prä-Internet-Zeit sah das noch ganz anders aus. »Seinerzeit lief das Ganze meist so ab, dass ich mir die klassischen Noten für die Wunschstücke gekauft und dann Transkription, also Übertragung der Noten passend für Akkordeon, betrieben habe«, erklärt Werner Stiefel. Heute fällt der Zeitaufwand wesentlich kürzer aus, um abzuklären, ob für die Wunschstücke entsprechende Literatur, im Idealfall auch bereits für Akkordeon, vorliegt.
Anfänglich hat sich der ACO-Dirigent hauptsächlich mit klassischen Stücken auseinandergesetzt. »Die Herausforderung bestand beispielsweise darin, im Falle von Vielstimmigkeit im klassischen Stück das Ganze so passend umzuschreiben, dass es für Akkordeonspieler gut leistbar ist. Da kann es dann schon einmal vorkommen, dass mehrere Instrumente zusammengefasst werden müssen«, zeigt Stiefel anhand praktischer Beispiele am Notenblatt auf.
Aus anfangs ausschließlich instrumentalen Stücken sind heute längst ausgefeiltere Arrangements geworden, die den Einsatz von Solisten aller Art – vokal als auch instrumental – berücksichtigen. Eine Krönung stellt in dieser Hinsicht die Konzertreihe »Sommernachtstraum« dar, deren geistiger und kreativer »Vater« Werner Stiefel ist.
In diesem Rahmen kann nicht nur das ACO-Orchester glänzen, sondern auch allerlei Mitwirkende, die ansonsten eher selten im Zuge eines Akkordeonkonzerts zu vermuten wären. Die insgesamt vierte Auflage des »Sommernachtstraums« findet am 21. Juli in Ottenheim statt.
Fünf bis acht Stunden
Im Durchschnitt fünf bis acht Stunden, verteilt auf verschiedene Tage, kann es dauern, ein gewünschtes Stück zu arrangieren. Immer wieder stimmt Stiefel die Einzelheiten ab, tauscht sich mit seinem ACO-Kollegen Dieter Reibel aus, der über ein Notenschreib-Programm verfügt. Die Software setzt am Rechner die geschriebenen Stücke um, so dass das fertige Ergebnis in allen Einzelheiten angehört und abgestimmt werden kann.
»Arrangiert wird nie in einem einzigen Durchlauf, auf dem Weg entstehen immer wieder Zwischenschritte«, erläutert Stiefel. Beim Arrangieren sah er sich schon mit einigen kniffligen Situationen konfrontiert. Unter anderem stellte 2016 das Werk »Ich gehör’ nur mir«, ein Ausschnitt aus dem Musical »Elisabeth«, eine Herausforderung dar. »Mehrere Stunden intensiven Nachdenkens und Probierens« habe es erfordert, um das Arrangement passend abzustimmen und dabei anspruchsvolle Hindernisse zu überwinden.
Ebenso musste der leidenschaftliche Udo Jürgens-Fan beim Arrangieren von dessen Stück »Der gekaufte Drachen« eine harte Nuss knacken. »Das Problem war, dass es dafür keinerlei Noten als Vorlage gab. Kurzerhand musste das Arrangieren aus dem Kopf heraus erfolgen, was nicht einfach war. Am Ende hat es aber geklappt, und darauf bin ich schon ein wenig stolz«, so Stiefel. Das Arrangieren aller möglichen Stücke bleibt seine Leidenschaft und wird seinen nächsten Höhepunkt beim in zwei Monaten stattfindenden »Sommernachtstraum« erleben.