Poetry-Slam in Lahr: So hat Jan Schmidt Jury das Publikum überzeugt
Der Sieger hielt sich an die Regeln des Dichterwettkampfes: Der Text muss der eigenen Fantasie entsprossen sein. Hilfsmittel – außer Worten und Sätzen auf Papier – sind nicht zulässig. Offensichtlich waren Szenen, wie diese nach dem Geschmack der launischen Gunst des Publikums: Der Sieger warf sich in der Finalrunde auf den Boden der Bühne und hämmerte mit den Fäusten auf den Boden. Er rannte kreuz und quer über die Bühne und geriet in Rage. Ob im gerechten Zorn oder nur gut gespielt, war nicht zu erkennen.
Entfernte Positionen
Da war noch nicht einmal klar, dass es um zwei sehr weit voneinander entfernte Positionen in seinem Text ging: das Ruhebedürfnis eines Anwohners gegen den beträchtlichen Lärmpegel von 30 oder 40 spielenden Kindergartenkindern. Dass Schmidt Klischees massenhaft gebrauchte: Geschenkt. Denn das Geraune der Jury war bereits beachtlich. Neben der Gestik – das meiste trug der Sieger aber doch einigermaßen manierlich und im Stehen vor – kam die Stimme. So waren die Zuschauer in der Lage, die Unterschiede zwischen dem Gebrüll des Anwohners und den Ordnungsrufen der fiktiven Erzieher zu unterscheiden: „Das Wasser in der Pfütze ist nicht zum Trinken!“
Dabei geizte der Gewinner nicht mit Vorstellungen, die wohl doch etwas aus der Luft gegriffen waren. Ob ein Kind tatsächlich die Nerven hat, eine Stunde die Sirene eines Krankenwagens zu simulieren? Andererseits kam eine andere Skizze gut an, dass ein gewisser Anton Eis im Sandkasten verkauft.
Auch wenn „das Eis seit zwei Jahren aus Sand und einigen anderen Dingen besteht“, die im Sandkasten eines Kindergartens möglicherweise zu finden sind.
Die Reaktionen der am Freitagabend leider nur etwa 30 Gäste waren eindeutig. Während des Gesamtkunstwerks – Jan Schmied leidet unter der Nachbarschaft einer Kita – gab es etliche Lacher. Am Ende war der Beifall eindeutig.
Entscheidend beim Poetry-Slam ist die Gunst der Zuschauer, die in Dezibel gemessen werden. Je lauter der Beifall, desto höher die Wahrscheinlichkeit auf den Gesamtsieg. Für Schmied sprach, dass er bereits in Vorrunde den meisten Beifall bekommen hatte. Stef aus Köln hatte in der Finalrunde das Brusthaar des Mannes einer scharfsinnigen Analyse unterzogen. Benno Brockmann aus Freiburg verzapfte in der Vorrunde und im Finale so etwas wie gehobenen Blödsinn recht eloquent. Er gab Wortspiele wie: „Hat Björn Höcke, so denn er einmal verurteilt wird, einen Anspruch auf Ekel-Haft?“ Gegen den gespielten Zorn und die möglicherweise echte Verzweiflung des Bochumers war auch er chancenlos. So war am Ende die Entscheidung für den erfahrenen Unparteiischen der Lahrer Wortstreite im Schlachthof, Marvin Suckut, einfach.
Einen Achtungserfolg erzielte Milla Hermann aus Lahr. Es war ihr erster Beitrag bei einem Poetry-Slam. Trini aus Offenburg und Ansgar Hufnagel aus Freiburg bekamen das, was Suckut bei der Vorstellung so erklärt hatte: „Respect the poets.“ Jeder, der hier auftritt und sich dem Urteil der Zuschauer aussetzt, habe ein Mindestmaß an Beifall verdient.