Lahr

Rafik Schami als Vermittler zwischen verschiedenen Kulturen

Endrik Baublies
Lesezeit 3 Minuten
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27. März 2019

Autor Rafik Shami begeisterte mit seiner Vorstellung von »Ich wollte nur Geschichten erzählen« das Lahrer Publikum im Pflugsaal. ©Endrik Baublies

Er verbindet den Okzident mit dem Orient, beherrscht die mündliche Tradition des Erzählens aus 1001 Nacht und hat als Schriftsteller eine Millionenauflage an Büchern, die er seit Anfang der 1980er-Jahre auf Deutsch verfasst. Rafik Schami stellte sein Buch – »Ich wollte nur Geschichten erzählen« vor.

Die Buchhandlung Rombach war am Montagabend in den Pflugsaal ausgewichen.  Rafik Schami erzählte knapp zwei Stunden im voll besetzten Auditorium darüber, wie er nach der Promotion als Chemiker und »einem gut bezahlten Job in Leverkusen«, dann doch zu seiner ersten Leidenschaft als Autor zurückkehrte. Und wie er am Anfang seiner Laufbahn als Autor mit Vorträgen wie am Montag, langsam aber stetig Erfolg hatte. Ganz nebenbei und vor allem völlig unaufdringlich zeigte Schami, welche Bedeutung bei ihm das gesprochene Wort hat. Sicher noch wichtiger war die Botschaft, wie Sprache zwischen Kulturen vermitteln und verbinden kann.

Schami ist ein vollendete Fabulierer, kommt ohne Mühe vom Hundertsten ins Tausendste und das so gekonnt, das niemand darüber den Faden verliert. Wie Scheherazade, die Figur, welche die Geschichten aus 1001 Nacht zusammenhält, verliert Schami ein Anliegen bei seinem Vortrag in Lahr nicht aus den Augen. Wie leben Fremde hier und wie gut können Menschen mit verschiedenen Kulturen zusammenleben?

Versponnene Geschichte

Das macht er in seinen unerschöpflichen scheinenden, mündlichen Erzählungen übrigens spielend. Er hat Humor und sorgt für Lacher – garniert mit Szenenapplaus. Araber, zu denen der gebürtige Syrer gehört, geboren wohl im Jahr 1946 – irgendwann zwischen Frühjahr und Herbst – sind Meister der Worte. Die Anekdote um unterschiedliche Daten zeigte, was der Erzähler vermag. Eine wunderbar versponnene Geschichte, warum Mutter, Vater und die Oma so stark beim Geburtsdatum Rafiks abwichen, war die hohe Kunst des mündlichen Vortrags, lebendig anschaulich. Sein Schluss: Wer sein Geburtstag nicht genau weiß, wird nicht älter, überzeugte so besonders.

Es gibt in der arabischen Sprache knapp 100 Synonyme für das Kamel und 500 Synonyme für den Löwen. »Wir Araber malen mit Worten.« Am Beispiel Thomas Manns, dessen Roman Buddenbrooks Schami von Hand abschrieb, um literarisches Deutsch zu begreifen, erklärte der Schriftsteller was für einen Unterschied es zwischen beiden Sprachen gibt. 

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Mit einer ausholenden Geste, die Mark Twain würdig gewesen ist, zeigte Schami, wie lange Sätze nicht nur Thomas Mann, der Nobelpreisträger des Jahres 1929 in der deutschen Sprache produzieren würden. Mark Twain als vollendeter Satiriker hat die deutsche Sprache in einem Vortrag auf Deutsch deswegen durch den Kakao gezogen.

In den Bildern des Amerikaners steht das Verb am Ende einer langen Brücke, wo kein Mensch mehr weiß, was das Verb da noch bedeuten soll. Schließlich könne man das Subjekt am Anfang des langen Satzes oder der Brücke ja nicht mehr sehen oder habe es bereits wieder vergessen. Schami stellte dann die berechtigte Frage warum es im Deutschen »das Mädchen« heiße und bedauerte – hier gab es viele Lacher, dass Reformer das Wort »daß« abgeschafft haben.

Poetischer Vergleich 

Ernsthaft machte Schami begreiflich, warum es im Arabischen, vor allem in den Wüsten, zwar viele Worte aber kaum bildende Kunst gegeben hat. Es habe – hier bemühte Schami den Griechen Aristoteles – in der Wüste zu wenig zum Nachahmen für Künstler gegeben. Daher komme auch die Bedeutung der mündlichen Erzähltradition, die er als Kind von den eigenen Eltern vermittelt bekam. 

Einen sehr poetischen Vergleich, was Heimat und der Verlust bedeuten würde, zeigte, welche Bilder Schami be-herrscht. »Die Trauer ist ein treuer Hund, sie kommt immer wieder.« Neben dem Humor zeigte Schami so auch, was es für ihn als Autor bedeute, dass er eine Heimat verloren hatte. Gerade diese Aussagen waren sehr überzeugend.

Zur Person

Rafik Schami

Der Name Rafik Schami ist ein Pseudonym des Syrers Suheil Fadél, der (laut der Wikipedia) am 23. Juni in Damaskus geboren wurde. Rafik Schami bedeutet Damaszener Freund. Schami stammt aus einer christlich-aramäischen Familie, lernte an der Schule Französisch und Englisch neben seinen Muttersprachen Aramäisch und Arabisch. Er verließ seine Heimat 1970, Promovierte in Heidelberg im Jahr 2979 und veröffentlichte parallel zum Studium dazu erste Texte. Seit dem Jahr 1977 schreibt er in Deutsch. Neben Kinderbüchern, Essays hat Schami etliche Romane geschrieben.

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