Reicht das Trinkwasser für alle?
Die Neuordnung des Schwanauer Trinkwassersystems beschäftigte den Gemeinderat erneut. In der Haushaltsberatung im Dezember hatte das Gremium das Konzept in Frage gestellt.
Im Juni 2022 hatte der Gemeinderat gegen Stimmen aus der SPD dem Konzept zur Neuordnung und Sicherstellung der zentralen Wasserversorgung zugestimmt. Es umfasst den sogenannten Ringschluss, der vorsieht, die vier Schwanauer Ortsteile mit Leitungen zu verbinden. Mit dem 2,7 Millionen teuren Projekt in drei Abschnitten könnten laut der Trinkwassernetzbetreiberin BN-Netze, Tochter des Energiedienstes Badenova, Schäden und technische Ausfälle kompensiert werden. Das Trinkwasser kann folglich umgeleitet und betroffene Ortsteile können aus anderen Quellen versorgt werden.
In der Haushaltsberatung im Dezember kam erneut Kritik am Konzept auf. Ingrid Scharff (SPD) bezeichnete es als nicht tragfähig und Bürgermeister Marco Gutmann lenkte ein: Beschlossen wurde zwar, die Investitionskosten im Haushalt zu belassen. Im Gegenzug sollte das Versorgungskonzept nochmals im Gemeinderat vorgestellt werden. Am Montag im Bürgersaal in Ottenheim war es soweit. Simon Herrmann von der Firma BN-Netze erläuterte die Absichten, die hinter dem Ringschluss stehen – und schließlich wurde nochmals diskutiert.
Herrmann umriss den aktuellen Stand: „Ein Störfall, ein Rohrbruch – Stand heute gibt es keine ergänzende Maßnahme.“ Daraus resultierten Störmeldungen und die Unterbrechung der Versorgung. „Die Idee ist: Von allen Seiten kann eingespeist werden.“
Die Zusammenfassung seiner Analyse lautete: Der Ringschluss soll die aktuell geringe Versorgungssicherheit steigern. Nach Ringschluss wird der Tiefbrunnen Nonnenweier zum Notbrunnen abgeändert, während der Tiefbrunnen Ottenheim wasserrechtlich aufgewertet wird. Der aktuelle sowie mittelfristige Trinkwasserbedarf in Schwanau könne so gedeckt werden. Bei zusätzlichem Trinkwasserbedarf gebe es die Option, andere Brunnen, etwa auf Gemarkung Lahr, anzuzapfen. Das wäre teuer, rechnete Herrmann vor. Ob das überhaupt mittelfristig nötig werde, stellte er in Frage. Schwanau habe ausreichend Trinkwasser zur Verfügung, konstatierte er.
Bedarf für 30 Jahre
Auf Basis des Trinkwasserkonzepts könne Schwanau mit seinem hohen Anteil an Eigenwasserversorgern zwar nicht vollumfänglich versorgt werden, falls diese ins öffentliche Netz wechseln wollten, „aber ein sehr hoher Anteil der Gemeinde.“ Aus Hygienegründen können die Leitungen nicht auf die Vollversorgung der gesamten Gemeinde ausgelegt werde, erläuterte Herrmann. Die Dimensionierung sei für den Bedarf der nächsten 30 Jahre ausgelegt und gilt als ausreichend.
Bürgermeister Marco Gutmann betonte, dass es erstmal um „Schritt eins vor zwei“ gehe. Bei allen dargestellten Optionen, Trinkwasser von außerorts in die Gemeinde zu leiten, müssten zunächst die Leitungsverbindungen zwischen den Ortsteilen hergestellt werden, um das Wasser überall nutzbar zu machen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen.
Aktueller Stand der Planung ist: Teil 1 und Teil 2 (siehe Infokasten) sind zur Planung vergeben, ein Förderantrag wurde im September 2022 gestellt. Gemeinderätin Ingrid Scharff (SPD) legte daraufhin ein von ihr befürchtetes Szenario dar. Sie stellte den Zusammenhang mit dem Probetrieb des Rückhalteraums Polder Elzmündung her, der für 2024 geplant ist. Bewohner der „Ottenheimer Insel“, einem von Wasser umgebenen Gebiet des Ortsteils, hätten infolgedessen mit Schadstoffeinträgen in ihr Eigentrinkwasser zu rechnen: „Sie befinden sich in der Schadstofffahne.“ Beim Probebetrieb wird der Rückhalteraum mit Wasser geflutet, was sich nach Einschätzung der Gegner des Polders, zu denen Scharff zählt, negativ auf die Wasserqualität des Grundwassers auswirkt.
Das Trinkwasserkonzept zeitlich vor der Inbetriebnahme des Polders zu planen, sei deshalb nicht zielführend. Erst nach dem Probebetrieb, sei abschätzbar, wie hoch der Bedarf an Trinkwasser sei. „Mindestens 1000 Schwanauer Eigenwasserversorgte kommen nach dem Probebetrieb hinzu“, erwartet Scharff. Grund für die angenommene Abwanderung ins öffentliche Netz sei das durch den Polderbetrieb verschmutzte Wasser, das sie als „Eigenwasserbrühe“ bezeichnete.
Diesen Befürchtungen hielt Simon Herrmann von BN-Netze entgegen: „Sie haben die Befürchtung, dass sich zeitnah eine große Anzahl an eigenversorgten Anwesen anschließen lassen wollen. Ich kann dazu sagen: Wenn unser Plan umgesetzt wird, wird man in der Lage sein, eine große Anzahl in der Gemeinde anzuschließen. Zwar erreichen wir keine Vollabsicherung zu 100 Prozent, aber einen sehr großen Anteil von Schwanau.
Gemeinderat Hartmut Läßle (Liste Läßle) fand das Trinkwasserkonzept nach der Erläuterung nun nachvollziehbarer. Klärungsbedarf hatte Läßle zur von ihm nicht für gut befundenen Prämisse, dass die Anwohner der Wittenweirer Hauptstraße an das öffentliche Trinkwassernetz angeschlossen werden müssen, wenn die Leitung fertig ist. Das ist in einer Satzung festgeschrieben: Wenn die Leitung durch eine Straße geführt wird, muss jeder Anwohner sich anschließen lassen.
Sinneswandel
Der Wittenweierer Gemeinderat Georg Zeller (FWV) bezeichnete den geplanten Ringschluss als richtig: „Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt, dass kein Mensch in Wittenweier sich an die öffentliche Wasserversorgung anschließen lassen will.“ Heute stehe unter anderem der Bau des Rückhalteraums Elzmündung im Raum, was zu einem Sinneswandel bei den Eigenwasserversorgern geführt habe. Diese müssen selbst Sorge tragen, dass das Trinkwasser regelmäßig auf Schadstoffe untersucht wird.