Rüstungsgegner Jürgen Grässlin kämpft in Lahr für Frieden
Friedensbewegung und Sozialdemokratie liegen inhaltlich gar nicht weit auseinander, für Diskrepanz sorgt der politische Alltag. Im Rahmen einer Veranstaltung des Lahrer Friedensforum haben der Friedensaktivist Jürgen Grässlin und SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner miteinander diskutiert.
Rund 50 Zuhörer, eine intensive, gut dreistündige Diskussion und ein klares Bekenntnis zur Fortsetzung des Dialogs. Die von Johannes Fechner und dem Lahrer Friedensforum angestoßene Gesprächsrunde über das Verhältnis von Friedensbewegung und Sozialdemokratie am Montag hat längst nicht nur atmosphärische Berührungspunkte aufgezeigt. Mehr Rüstungskontrolle, weniger Rüstungsexporte, eine Politik die Konflikte einhegt und kriegerische Auseinandersetzungen verhindert.
Anderer Blickwinkel
Der sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises bekennt sich in der Diskussion zwar zu dem von der SPD mit getragenen Bundeswehreinsatz im Kosovo und in Afghanistan. Er betonte am Montag aber auch die Notwendigkeit, das Konfliktpotential in der Welt zu verringern, den Kriegstreibern, wo immer es geht, in die Arme zu fallen. Die SPD werde weiter an dem Waffenembargo gegen Saudi-Arabien festhalten und alles daransetzten, dass deutsche Waffen nicht in Krisenregionen gelangen. Im politischen Alltagsgeschäft lasse sich die reine Lehre aber nicht immer durchsetzen. In der Union werde vieles anders gesehen. Auch in den eigenen Reihen gebe es Abgeordnete und Gewerkschafter, die der norddeutschen Werftindustrie nahestehen und deshalb klar für den weiteren Export von Kriegsschiffen in die Türkei plädierten. Der Bundesregierung seien auch insgesamt die Hände gebunden, wenn es zum Beispiel um den von Ramstein aus gesteuerten Drohnenkrieg der USA gehe, um die amerikanische Politik in Afghanistan.
Fechner zeigte aber auch klare Sympathie für das juristische Vorgehen von Jürgen Grässlin gegen deutsche Rüstungsfirmen, versprach sich dafür einzusetzen, dass deutsche Piloten nicht mehr den Lufttransport von amerikanischen Atomwaffen trainieren. Dass die Position von Grässlin, dem wohl bekanntesten Friedensaktivisten Deutschlands, sehr viel weiter gehtn, lag trotzdem klar auf der Hand. Rüstungsausgaben und Rüstungsexporte steigen wieder an, deutsche Waffen seien nach wie vor in fast allen Krisenregionen im Einsatz. Trump, Putin, Erdogan, das Regime in Saudi-Arabien setzen unverhohlen auf die Sprache von Panzern und Gewehren.
Kriegstreiber stoppen
Eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland lehne diese Politik ab, die SPD könnte sich deshalb auch sehr viel stärker als bisher als Friedenspartei profilieren. Man müsse den Kriegstreibern in die Arme fallen, auf wirtschaftliche Entwicklung, Bildung und Deeskalation setzen, auf eine „Kultur des Friedens“. Instrumente seien vorhanden. Keine Hermes-Bürgschaften mehr für Rüstungsexporte, klare Reisewarnungen und Sanktionen zum Beispiel gegenüber der Türkei. Eine Verschärfung der Regeln bei Rüstungsexporten, verbindliche Endverbleibserklärungen und deutlich schärfere Sanktionen bei Verstößen. In der Diskussion mit den Zuhörern wurde aber auch klar, dass viele eine höhere Gewichtung des Völkerrechts fordern, eine Abkehr von der Ausbeutung der dritten Welt und der gewaltsamen Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen.