Serie »Blick ins Amtsblatt« Schwanau mit der letzten Folge
Mit der 66. Folge (siehe links) läuft unsere Serie »Blick ins Amtsblatt« Schwanau heute nach fast anderthalb Jahren aus. Ottenheims Alt-Ortsvorsteher Hans Weide hat Wissenswertes und Kurioses zusammengetragen – und zieht sein großes Fazit zur Serie.
Die Zahl ist gewaltig: Rund 1400 Amtsblatt-Ausgaben der Jahre 1972, dem Start der neu gebildeten Gemeinde Schwanau nach der Kommunalreform, bis 2000, säuberlich verteilt auf nahezu 30 Aktenordner, hat Hans Weide für das Material seiner 16-monatigen Serie »Blick ins Amtsblatt« akribisch gesichtet.
Dabei reichten die Ausgaben von anderthalb bis zu im Schnitt 16 Seiten Umfang. Nun zieht Weide eine Abschluss-Bilanz. Welche Erkenntnisse hat er gewonnen beim Sichten? Welche Aspekte waren besonders spannend? Und was hat das Projekt auch mit ihm ganz persönlich gemacht? Fragen, die er beim Ortstermin mit dem Lahrer Anzeiger beantwortete.
»Wirtschaftliche Gründe«
Kurios: Zwischen 1972 und 1980 stellte die Gemeinde das Amtsblatt in Eigenregie her, gab es dann zum Druck in die Hände eines Verlags. Die Entscheidung fiel »aus wirtschaftlichen Gründen«. In den Anfangstagen prangten zudem die vier Ortsteilwappen auf der Titelseite, ehe 1978 das Gemeindewappen hinzu kam. Am Design habe sich seither nur wenig verändert, konstatiert Weide.
Der Alt-Ortsvorsteher hat drei grundsätzliche Erkenntnisse mithilfe des Amtsblatt-Studiums gewonnen. »Dass die Amtsblätter ein richtiges kleines Geschichtsbuch bilden, hatte ich nicht voraus gesehen«, schildert er. An vielleicht keinem anderen Beispiel sei so genau nachzuweisen und abzulesen, wie wesentlich sich die vier Ortsteile in 28 Jahren veränderten.
»Bis zu zwei Drittel der Handwerker, Ladengeschäfte und die Hälfte der Gaststätten aus den ersten Ausgaben bestehen heute längst nicht mehr«, zeigt Weide auf. Diese Erkenntnis sei »einerseits erschreckend«, weise aber zugleich nach, wie sich Schwanau von einer landwirtschaftlich geprägten zur überwiegenden Wohngemeinde veränderte. Und auch auf der persönlichen Ebene frischte Weide so manche Erinnerung wieder auf, beispielsweise die 1150-Jahr-Feier Ottenheims im Jahre 1995. »Für uns alle ein unvergesslicher Höhepunkt«, resümiert er.
Am Grundaufbau des Amtsblatts – amtliche, kirchliche und Vereinsmitteilungen, dann Kleinanzeigen – hat sich in fast 30 Jahren nicht so viel verändert. Allerdings haben etwa die Meldungen der Vereinswelt, zum Beispiel in Form von Berichten über die Begegnungen der ballspielenden Vereine, klar an Umfang zugelegt. Weide zeigt auch, dass bis Mitte der 1980er Jahre viele private Fehden via Amtsblatt ausgetragen wurden. In den 2000ern gab es das gar nicht mehr.
Angebot: Ferkel zum Kauf
Die Tierhaltung spielte eine massive Rolle, in den ersten 15 Jahren wurde in sämtlichen Ausgaben ein Wurf Ferkel zum Kauf angeboten. Verleihen des Gemeindeebers und Urlaubszeit des Farrenwärters waren damals noch wichtige Größen. Zum Thema passt auch das Phänomen Katzen. »In der Hälfte aller Ausgaben werden entweder Katzen vermisst oder sind zugelaufen«, schmunzelt Weide. Auch das Thema »Angebot & Nachfrage« habe sich massiv geändert.
Wurden einst Hochzeits- und Umstandskleider, Kinderwägen, Schreibmaschine und Ölofen angeboten, sind es in den 2000ern Dinge, die heute auf dem Sperrmüll landen. Auch in dieser Hinsicht lässt sich der gesellschaftliche Wandel ablesen, von Schreibmaschinen-Kursen änderte sich das Angebot zu PC-Kursen. Signifikant war ebenso das Sterben der Dorffasnacht. »Früher haben viele Gaststätten und Vereine neben den klassischen Zünften zu Veranstaltungen eingeladen. Das gibt es so auch nicht mehr, gerade in den Gaststätten«, bedauert Weide.
Drei Bürgermeister (Wolfgang Wübker, Rudi Knodel, Wolfgang Brucker) umfassten den Bearbeitungs-Zeitraum der Serie, die Weide nicht missen möchte: »Das Eintauchen in diese spannende, lustigen, aber auch nachdenklich machenden Seiten hat großen Spaß gemacht und war auch äußerst lehrreich für mich.«