Stolperstein-Verlegung als Erinnerungskultur
Die Erinnerungskultur wird in Lahr weiter gepflegt: Mit Stolperstein-Verlegungen, einem Vortrag und einer Buchvorstellung wird heute, Mittwoch, und morgen, Donnerstag, an das Schicksal jüdischer Bürger in Lahr erinnert.
Lahr. Der in Köln lebende Künstler Gunter Demnig war schon häufig in Lahr, um Stolpersteine zu verlegen und damit die Erinnerung an das Schicksal jüdischer Mitbürger wach zu halten. Heute, Mittwoch, wird Demnig erneut Erinnerungssteine setzen. Sie sind für die Familien Kahn und Isenberg bestimmt, die einst über dem ehemaligen Café Bauer wohnten. Die Regionalgruppe Geroldsecker Land des Historischen Vereins Mittelbaden lädt zu diesem Zeremoniell ein, das heute, Mittwoch, 15 Uhr, in der Lotzbeckstraße 13 über die Bühne geht.
Die Familien Isenberg und Kahn wohnten vom 22. Mai 1922 an 17 Jahre lang in der Lotzbeckstraße 13. Hugo Isenberg stammte aus Caldern bei Marburg. 1924 heiratete er die Lahrerin Bella Kahn und betrieb einen Handel mit Ölen und Fetten. Er wurde im Mai 1938 aus Deutschland ausgewiesen und flüchtete nach New York. Er starb am 25. Oktober 1969.
Bella Isenberg, Hugos Ehefrau, war die Tochter des Lahrer Gymnasiallehrers Bernhard Kahn. Sie wurde mit ihrem kleinen Sohn Fritz Heinz (heute »Fred«) am 22. Oktober 1940 von den Nazis nach Gurs deportiert und von dort nach Auschwitz, wo sie am 22. August 1942 ermordet wurde.
Fritz Heinz Isenberg, Sohn von Hugo und Bella Isenberg, wurde am 10. Januar 1937 in Lahr geboren. Schon in Lahr wurde er »Fredi« genannt. Er war mit drei Jahren der jüngste jüdische Lahrer, der nach Gurs deportiert wurde. 1942 wurde er mit Hilfe einer Hilfsorganisation aus dem Lager geschmuggelt und gelangte über Umwege 1944 in die Schweiz, wo er von einer Familie in der Nähe von Lausanne aufgenommen wurde. Die ließ den damals Neunjährigen im Februar 1946 schweren Herzens zu seinem Vater Hugo nach New York ziehen. Heute lebt Fred Isenberg in der Nähe von Phoenix/Arizona. Mit seiner Frau Sue, die er 1965 heiratete, hat er einen Sohn. Zwei Enkelkinder von Sohn David, geboren 1970, gehören zur Familie.
Bernhard Kahn, Vater von Bella Isenberg, war 1896 aus dem Schwäbischen nach Lahr gezogen. Wegen Ertaubung wurde der Gymnasiallehrer und Kantor frühzeitig pensioniert und half seinem Schwiegersohn beim Handel mit Ölen und Fetten. Er starb am 14. November 1939 in Lahr.
Thekla Kahn, geborene Rohrbacher, wurde zusammen mit Tochter Bella und Enkel Fritz Heinz nach Gurs deportiert. Sie starb am 18. Januar 1943 im Lager Nexon.
Friedrich Kahn war der Bruder von Bella Isenberg. Er wurde 1897 in Lahr geboren, machte 1916 hier Abitur und musste ein Jahr später in den Ersten Weltkrieg ziehen. Er fiel am 25. Juli 1917 an der Front.
AUFGELISTET
Termine
Heute, Mittwoch, 15 Uhr:
Stolperstein-Verlegung, Lotzbeckstraße 13.
Heute, Mittwoch, 19 Uhr:
Vortrag des Künstlers Gunter Demnig zur Stolperstein-Verlegung, Alte Bahnhofstraße 1 (über Matratzen-Concord).
Morgen, Donnerstag,
17 Uhr: Buchvorstellung »Stolpersteine in Lahr«, ein Projekt der Friedrichschule und der Regionalgruppe Geroldsecker Land des Historischen Vereins für Mittelbaden.