Tilo Strauß spielt sein 100. Konzert in Sankt Peter und Paul
Das 100. Konzert an der Albiez/Vier Orgel in der Lahrer Kirche St. Peter und Paul musste etwas Besonderes sein. Kantor Tilo Strauß überzeugte viele Konzertbesucher am Abend von Allerheiligen folgerichtig mit einem ausgewogenen und ungewöhnlichen Orgelkonzert.
Die »Toccata und Fuge d-Moll« von Johann Sebastian Bach (1685 bis 1750) ist zu so einem Jubiläum ein Stück, das die Gäste zum Anlass des 100. Konzertes des Kantors Tilo Strauß an dieser Orgel erwarten durften und auch konnten. Ungewöhnlich war aber auch die Art, wie Strauß das bekannteste Werk Bachs interpretierte. Das Intro, das Rufen beider Manuale, erzeugt Brausen, Sturm, Donnerhall und gewaltige Blitze.
Der junge Bach hat dieses Orgelwerk vor 1710 geschrieben, sozusagen in seiner Sturm- und Drangzeit. Die Grundmelodien und den Aufbau von Fuge und Toccata kennt jeder, der sich ein wenig für Klassik interessiert. Strauß bediente diese Erwartung und wich dabei aber mehrfach einen kleinen Tick von der bekannten Fassung ab. Das war sicher dem Anlass angemessen und der Lahrer Organist sorgte genau dadurch für ungleich mehr Aufmerksamkeit.
Ausnahmekomponist
Im Gegensatz zur den Girlanden. Fontänen und Kaskaden der Fuge und Toccata ist die Choralbearbeitung des Liedes »Schmücke dich, oh liebe Seele« desselben Schöpfers ein breiter Fluss. Die Orgel erklingt getragen, ohne die Ausrufer des Frühwerks. Dem Lied und dem Choral liegt der höfische Tanz, eine Sarabande, zugrunde. Strauß, der beide Werke des Ausnahmekomponisten Bach unmittelbar nacheinander spielte, zeigte die Vielfalt Bachs auf. Der Choral hatte im Konzert aber immer auch das Funkeln des breiten Stroms in einer untergehenden Sonne.
Mit dem Präludium in g-Moll von Dietrich Buxtehude (1637 bis 1707) eröffnete Strauß den konzertanten Abend. Hier hatten Komponist und Organist die Gelegenheit alle Register der Orgel in der Kirche zu ziehen. Das Vorspiel des Konzertes bestach durch die Vielfalt der vielen, verschiedenen Stimmen, die eine Orgel mit den Kombinationen aus Metall- und Holzpfeifen bietet.
Große Vorbilder
Buxtehude, der aus einer Musikerfamilie stammt, gehörte zu den großen Vorbilder des jungen Bachs. Mit dem Präludium stimmte Strauß dazu die Zuhörer in der Kirche auf das ein was noch kommen würde. Buxtehudes Komposition, obwohl der Meister klar zum Barock gehört, hatte auch noch Anklänge an die vorgehende Epoche Renaissance.
César Franck (1822 bis 1890) gehört zu den bedeutendsten Orgelkomponisten des 19. Jahrhunderts. Strauß überzeugte hier mit dem Register »Oboe« an der Orgel und einem zur Gänze anderen Klanggebilde. Mit dem Komponisten Olivier Messiaen (1908 bis 1992) war das Konzert in der Gegenwart angekommen. Messiaen hat mit »Le Banquet céleste« (das festliche Mahl) eine Komposition über einen Satz aus dem Johannes-Evangelium geschaffen.
Eine spannende Komposition ist ohne Zweifel die Sinfonie Nr. 5 von Charles Marie Widor (1844 bis 1973). Mit drei Sätzen der Sinfonie zeigte Strauß eine markante Wende in der modernen Musik auf. Das »Andantio« zeigte erste Anklänge an das, was später unter dem Begriff Atonalität beschrieben werden würde. Das »Adagio« war einen Reminiszenz an viele verschiedene Stile von der Renaissance bis zur Klassik. Diese »Toccata« war zum Finale des Abends ein brillantes Feuerwerk.