Vier neue Stolpersteine erinnern in Lahr an Schreckenszeit
Vier neue Stolpersteine erinnern in Lahr ab sofort an vier weitere jüdische Schicksale und an die Verbrechen der Nationalsozialisten. Oberbürgermeister Ibert findet klare Worte zur aktuellen Situation in Deutschland.
In der Stadt Lahr erinnern vier neue Stolpersteine an die Schicksale jüdischer Mitbürger. In der Mühlgasse verlegte Gunter Demnig den 61. Stolperstein zur Erinnerung an Hans Kroel. Drei weitere neue Stolpersteine mahnen an die Familie Weil im Neuwerkhof. Eine Besonderheit ist die Erinnerung an Kroel, der als Zwölfjähriger in Grafeneck ein Opfer der Euthanasie im Dritten Reich wurde. Daher kamen am Donnerstagmorgen Mitarbeiter der Lahrer Werkstätten neben Angehörigen des jugendlichen Opfers zur Erinnerung dazu, Der Junge, der aus Lahr stammt, war aufgrund einer geistigen Behinderung in Mosbach in der Diakonie untergekommen, bevor er wie viele andere aufgrund der verbrecherischen Ideen der Nationalsozialisten in Grafeneck im September 1940 vergast wurde.
“Fester Bestandteil“
Oberbürgermeister Markus Ibert fand deutliche Worte, gerade angesichts antisemitischer Verbrechen und nicht weniger gefährlichen Gedanken der Gegenwart. Diese Stolpersteine seien ein „fester Bestandteil der Erinnerungskultur in Lahr“. Der OB warnte aktuell vor einer verbalen Ablehnung von Menschengruppen und Taten, die er als „handfeste Anschläge“ bezeichnete. Gerade angesichts der Tatsache, dass ein Politiker derzeit in einem deutschen Landesparlament „Faschist“ genannt werden darf, zeige, dass diese Erinnerungen notwendig sind. Es gelte auch, so Ibert, klare Grenzen zu ziehen. „Bis hierher und nicht weiter.“
Hans Kroel wurde 1928 in Lahr geboren. Er kam 1938 zuerst in die „Pflegeanstalt für Geistesschwache“ in Mosbach. Ein Jahr später wurde der Junge in den „Schwarzacher Hof“ verlegt, von dem er im Herbst 1940 nach Grafeneck kam. Richard Lallathin und Hans-Werner Scheuing, die als Vertreter der heutigen Johannes-Diakonie aus Mosbach gekommen waren, stellten die Verbrechen und die Schicksale bei der Verlegung des Stolpersteins in der Mühlgasse genauer vor. Gerade die Schilderung des Historikers Scheuing, wie schnell und genau die „blöden Kinder“ (amtlicher Nazi-Jargon) erkannten, dass sie den Transport von Mosbach nach Grafeneck nicht überleben werden, ist beklemmend geblieben.
Im Krieg gefallen
Warum das Ehepaar Moritz und Bertha Weil (geborene Schnurmann) 1899 nach Lahr gezogen sind, ist nicht mehr bekannt. Norbert Klein vom historischen Verein Mittelbaden stellte an der letzten Adresse der Familie Weil im Neuwerkhof 8 die Geschichte der Familie über den Stolpersteinen 62, 63 und 64 in Lahr kurz vor. Der erste Sohn der Familie stirbt als Soldat für das deutsche Vaterland im Ersten Weltkrieg. Die Familie zieht mehrfach um, bevor sie, wie rund 6500 Juden in Baden und der Pfalz, am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Vichy-Frankreich deportiert werden. Das Ehepaar und Sohn David (Jahrgang 1900) werden Anfang September 1942 nach Auschwitz-Birkenau verlegt, wo sie fast unmittelbar nach der Ankunft vergast werden.
Klein ergänzte, dass man die Getöteten in Erdgräben verbrannte und die Asche wohl in die Weichsel schüttete. Es gebe an diese Menschen keine einzige Erinnerung. Daher war sein Hinweis sicher wichtig, dass gerade diese Schicksale den Initiator der Stolpersteine, Gunter Demnig, zu dieser Aktion gebracht haben.
Weitere Stolpersteine im Herbst
Gunter Demnig ist der Initiator der Stolpersteine. Die Initiative in Lahr betreuen Doris Gerteis, Norbert Klein und Stadtarchivar Thorsten Mietzner. Doris Gerteis erklärte am Donnerstag, dass man im September einen Stein zur Erinnerung an Gertrud Kunz und die Familie Feist verlegen will. Ernst Feist war Inhaber der Firma Roth-Händle. Bei Gertrud Kunz sei man noch am Recherchieren. Sie hatte womöglich einen Bruder. Weitere Informationen zu der Initiative gibt es auf der Internetseite.