Wie neue Betriebe gewinnen?
Sechs Tage – sechs Themen: Vor der Bürgermeisterwahl am 24. Januar beziehen die Kandidaten Julian Christ, Rafael Mathis und Erik Weide im Lahrer Anzeiger Stellung. Von Montag bis Samstag, 11. bis 16. Januar, heißt es jeden Tag »Ihre Meinung, Herr Kandidat!«
Die Gewerbesteuer gehört zum finanziellen Speckgürtel einer Gemeinde. Arbeitsplätze vor Ort bieten zu können ist ein wichtiger Standortfaktor. Kein Wunder also, dass Kommunen daran interessiert sind, neue Unternehmen zu gewinnen. In Friesenheim ist das nicht anders. Allerdings scheiterten Ansiedlungen in der Vergangenheit auch daran, dass die begehrten Flächen direkt an der B 3 nicht in Gemeindebesitz sind. Seit Frühjahr 2015 ist nun eine Kommunalentwicklungsgesellschaft unter anderem damit beschäftigt, genau das zu ändern. Ist das der richtige Weg? Das hat der Lahrer Anzeiger die drei Kandidaten Julian Christ, Rafael Mathis und Erik Weide gefragt.
Ein paar Kilometer weiter Richtung Norden sieht es mit neuen Betrieben an der Bundesstraße besser aus. In Hohberg geht was – lautet auch die Meinung in der Friesenheimer Bevölkerung. Doch auch ihre Heimatgemeinde hat die Hände nicht in den Schoß gelegt. Im Industriegebiet, etwas abseits vom direkten öffentlichen Blick, ging es weiter.
Um nun jedoch auch an der B 3 Firmen Flächen anbieten zu können, wurde eine Kommunalentwicklungsgesellschaft beauftragt. Sie soll für die Gemeinde mit den Grundstücksbesitzern verhandeln. Und nicht nur das. Neben dem Gebiet »Im Loh« (vier Hektar) kümmert sie sich auch um »Im Böldele« (östlich und südlich von Aldi, zehn Hektar) und um das Areal nördlich des Ziegelhofs (zwischen B 3 und »Industriegebiet II«, zehn Hektar). Letztendlich geht es darum, attraktive Gewerbeflächen für die nächsten 15 Jahre zu schaffen. Zuvor jedoch sollen alle Flächen in Gemeindehand sein, damit Ansiedlungen nicht wieder scheitern.
Julian Christ (28) aus Stuttgart
"Die Ansiedlung neuen Gewerbes ist für uns als Gemeinde von zentraler Bedeutung. Zum einen gilt es durch Ansiedlungen neue Einnahmen aus der Gewerbesteuer zu erhalten. Zum anderen geht es aber auch darum, unsere Bevölkerung mit Arbeitsplätzen zu versorgen. In der Vergangenheit gab es, wie bei der Ansiedlung von »Vinolivio«, große Probleme die gewünschten Grundstücke in Gemeindeeigentum zu bekommen. Daher halte ich es für erforderlich, zukünftig und Schritt für Schritt in eine aktive Grundstückspolitik einzusteigen, bei der wir als Gemeinde interessante Grundstücke frühzeitig erwerben. Daneben ist es von Bedeutung, Gewerbeflächen auch ohne konkretes Ansiedlungsinteresse mit Maß »auf Vorrat zu erschließen«, wie dies derzeit an der Bundesstraße 3 geschieht. So können wir im Fall von Interessenten frühzeitiger bereits erschlossene Flächen anbieten und dazu beitragen, neues Gewerbe hier anzusiedeln. Den Zielkonflikt zwischen wünschenswerter Gewerbeansiedlung und dem Anliegen, den Flächenverbrauch gering zu halten, möchte ich offen moderieren. Wichtig für erfolgreiche Ansiedlungen ist auch die Frage, wie wichtig dem Bürgermeister dieses Thema ist: Mit mir als Bürgermeister wird die Gewerbeansiedlung zur Chefsache!"
Rafael Mathis (33) aus Kippenheim
"Manche Friesenheimer Betriebe klagen über mangelnde Unterstützung aus dem Rathaus. Diesen Klagen gehe ich derzeit auf den Grund. Im Falle meiner Wahl werde ich Wirtschaftsförderer Andreas Lippert durch hohen persönlichen Einsatz unterstützen. Von Anfang an will ich die Bestandspflege spürbar intensivieren. Ich werde den direkten Dialog zu den örtlichen Unternehmen suchen und dauerhaft pflegen. Perspektivisch will ich weitere Betriebe ansiedeln helfen, die nach Friesenheim passen: Während flächenintensive Großkonzerne à la Zalando ins Industrie- und Gewerbezentrum Raum Lahr gehören, empfiehlt sich Friesenheim für kleine und mittlere Betriebe, die solide Arbeitsplätze schaffen und überdurchschnittlich ausbilden. Damit genug Reserveflächen bereitstehen, befürworte ich den Erwerb der fraglichen Grundstücke entlang der Bundesstraße 3."
Erik Weide (41) aus Ottenheim
"Die Beauftragung einer Kommunalentwicklungsgesellschaft ist auf jeden Fall der richtige Weg und wurde deshalb so auch vom Gemeinderat auf den Weg gebracht. Neutrale Vermittler haben immer bessere Chancen Flächen zu erwerben. Das hat sich zum Beispiel beim ›Neuen Ortszentrum‹ auch bestätigt. Scheitert auch dieser Versuch, müssen neue Wege gesucht werden. Gleichzeitig darf man aber die im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Flächen in Oberschopfheim nicht vergessen. Das vorhandene Gewerbegebiet dort ist fast voll und eine Fortschreibung erschließt der Gemeinde neue Möglichkeiten. Die Gemeinde Friesenheim ist aber auch an den neu angesiedelten Betrieben auf dem Flugplatzareal beteiligt. Das darf man nicht vergessen und hier wird es in absehbarer Zeit sicherlich zur Ausschüttung von Gewerbesteuereinnahmen an die Gemeinde kommen. Ganz wichtig ist mir in diesem Zusammenhang auch, die vorhandenen Betriebe in der Gemeinde zu fördern und mit diesen in engem Kontakt zu stehen. Kein Handwerker oder Gewerbetreibender darf die Gemeinde verlassen, weil ihm hier keine Erweiterungsmöglichkeiten oder günstige Bedingungen geboten werden. Zusammen mit dem Wirtschaftsförderer der Gemeinde, Andreas Lippert, fühle ich mich hier selbst als Ansprechpartner."
Wer Fragen an die Kandidaten hat
Bürger, aufgepasst! Wer Fragen an die drei Kandidaten hat, die ernsthaft das Bürgermeisteramt in Friesenheim anstreben, der kann sie an den Lahrer Anzeiger entweder schicken per E-Mail an
lokales.lahr@reiff.de (Betreff: »Kandidatenfrage«) oder im Internet unter der Adresse www.bo.de/kandidatenfrage eingeben. Einsendeschluss ist am kommenden Montag, 18. Januar, 18 Uhr. Eine Auswahl der Fragen beantworten die Kandidaten Julian Christ, Rafael Mathis und Erik Weide in der Podiumsdiskussion des Lahrer Anzeigers am Mittwoch, 20. Januar. Um 19 Uhr geht es in der Sternenberghalle los. Moderiert wird die Runde von Redaktionsleiter Wolfgang Kollmer.