800 Kilometer für die Besinnung
Schutterwald/Neuried-Schutterzell. Im Jahr 2006 veröffentlichte der Komiker Hape Kerkeling sein in vielen Passagen amüsantes Buch über die Erfahrungen seiner Pilgertour auf dem spanischen Teil des Jakobsweges – über vier Millionen Exemplare wurden gekauft, danach stieg die Zahl der deutschen Pilger stark an.
Traum erfüllt
Auch Bernhard Springmann aus Schutterwald hatte das Buch gelesen, und danach den Traum, dort selbst zu pilgern – den hat er sich erfüllt, und zwar von der französischen Grenze die 800 Kilometer bis nach Santiago de Compostela zu Fuß zurückzulegen: »Man läuft durch traumhafte Gegenden.« Und habe außerdem interessante Begegnungen: »Schon auf der Hinfahrt haben wir im Zug ein Ehepaar aus Neuseeland kennengelernt.«
International
Die beiden Ortenauer trafen Australier, Kanadier, US-Amerikaner und Pilger aus ganz Europa, alle seien in positiver Stimmung. Die Altersspanne gehe vom Abiturienten bis zu über 70-Jährigen, mindestens die Hälfte seien Frauen. Vor 1992 waren jährlich deutlich unter 10000 Pilger unterwegs, nun sind rund 200 000. Trotzdem sei, so Springmann, der Weg nicht überlaufen: »Oft ist man Stunden allein.« Er empfiehlt jedoch, dort nicht in den Ferienmonaten Juli und August zu pilgern.
Trotz eines zehn Kilogramm schweren Rucksacks hatte er keine körperlichen Probleme gehabt, nicht mal Blasen an den Füßen. Als Hobby-Rennradfahrer besitzt der 61-Jährige Vorruheständler Kondition. Franz Schneider aus Schutterzell ist bereits zum sechsten Mal den spanischen Teil des Pilgerwegs gelaufen, bisher immer ohne Probleme. Doch diesmal plagten ihn am ersten Tag Krämpfe, er nennt die Ursachen: »Das kommt, wenn man das Trinken vergisst und zu schnell die Berge hochgeht.« Am zweiten von 27 Wandertagen ging es besser – da wurde auch sein 70. Geburtstag gefeiert. Gestartet sind sie am 24. August in St. Jean Pied de Port-Roncesvalles in den Pyrenäen. 15 Kilometer weiter ging es über die Grenze nach Spanien, übernachtet wurde meist in Pilgerherbergen, die 5 bis 10 Euro pro Nacht kosten. Springmann hat akribisch Buch geführt, durchschnittlich haben sie 35 Euro pro Tag ausgegeben und sind 30 Kilometer gewandert – stets bei sonnigem Wetter. Abends haben sie oft ein spezielles Pilgermenü in Herbergen oder Restaurants gegessen, das unter 10 Euro kostet.
Ein Höhepunkt war in O Cebreiro das berühmte »Eiserne Kreuz«, dort platzieren fast alle Pilger einen Stein: »Wer Sorgen hat, legt sie damit symbolisch ab. Andere wünschen sich etwas.«
Ein anderer Höhepunkt war das berühmte Kloster Samos drei Tage vor Santiago de Compostela und schließlich die Ankunft: »Vor der Kathedrale fallen sich fremde Leute um den Hals.« Eine physische und psychische Belastung sei für viele Pilger die Strecke zwischen Burgos und Leon – 200 eintönige Kilometer, rechts und links fast nur Weizenfelder, oft geht es schnurgerade auf staubigen Wegen entlang.
Spezielle Gottesdienste
Springmann erzählt, dass sie stets in Pilgergottesdienste gegangen sind, wenn es in den Orten dazu die Möglichkeit gab – obwohl diese in spanisch stattfanden.
Er ist schon den Westweg gewandert, doch der Jakobusweg sei anders, spirituell: Es ist schwer zu beschreiben, aber das Pilgern dort gibt auch einen Schub für die Religiösität danach.« Franz Schneider ergänzt, dass man dies erst verstehen könne, wenn man den Weg selbst gegangen sei »Es ist faszinierend und wunderbar.«
Die Pilgerroute sei nicht nur für Katholiken wie sie da, sondern für alle Menschen. Er habe unterwegs einen Mann getroffen, der sich als Muslim bezeichnet hat. Bernhard Springmann ist so begeistert, dass er sich vorgenommen hat, 2013 eine französische Route – es gibt verschiedene – des Jakobsweges ab Schutterwald zu laufen, allerdings wahrscheinlich in zwei Etappen.
Falls jemand Fragen zu diesem Abschnitt des Jakobsweges hat, beantwortet sie Bernhard Springmann gern, Tel 0781/57538, E-Mail: bspringmann@aol.com.