Als die Volleyballer zu Gast beim „Klassengegner“ waren

Zum Beginn der Städtepartnerschaft: In der Nordwesthalle traten die Volleyballmannschaften aus Offenburg und Altenburg gegeneinander an. die Offenburger spielten in roten, die Altenburger in blauen Trikots. ©privat
Der Altenburger Jürgen Müller erinnert an die Anfänge der Städtepartnerschaft mit Offenburg vor mehr als 30 Jahren. Der Sport half damals entscheidend mit, Brücken zu bauen.
Im Zuge der Annäherung beider deutscher Staaten erfolgte in den 1980er-Jahren der Abschluss von zahlreichen Städtepartnerschaften zwischen Städten in der BRD und der DDR. Im thüringischen Altenburg geschah dies durch private Kontakte nach Offenburg, wie der Altenburger Jürgen Müller erinnert. Auf Offenburger Seite habe der heutige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble einen großen Anteil am Abschluss der Städtepartnerschaft gehabt.
Am 10. März 1988 wurde in einer feierlichen Zeremonie der Partnerschaftsvertrag zwischen Altenburg und Offenburg im Altenburger Rathaus durch die beiden Bürgermeister der zukünftigen Partnerstädte unterzeichnet. „Unter der Leitung des Bürgermeisters Lutz Tippmann, dem Rat der Stadt Altenburg und des DTSB wurde eine erste Begegnung mit Sportlern in Offenburg für den August 1988 vereinbart“, erzählt Müller.
14 stiegen in den Bus
„Man wählte einen Sportlervergleich im Volleyball, da man nicht sicher war, wie sich die Begegnung von Personen aus der Politik gestalten würde“, schreibt Müller. Es erfolgte eine Auswahl von 14 Volleyballern aus Altenburg. Mit einem Ikarus-Reisebus seien die Teilnehmer im Morgengrauen an einem Freitag im August 1988 nach Offenburg gestartet.
Die Teilnehmer wurden einer ideologischen Zuverlässigkeitsprüfung unterzogen.
Vorher seien die Teilnehmer noch frisch eingekleidet und durch die Staatssicherheit einer ideologischen Zuverlässigkeitsprüfung unterzogen worden. Es ging ja zum ,,Klassengegner“, wie es im damaligen Sprachgebrauch geheißen habe.
Die Altenburger Volleyballer seien vom Offenburger Bürgermeister Martin Grüber herzlich empfangen worden. „Nach dem Empfang wurde am Abend das erste Spiel in der Nordwesthalle, vor 1000 begeisterten Zuschauern, von Altenburg mit 3:2 gewonnen“, berichtet Müller.
Am Samstag seien die Altenburger Sportler über den Wochenmarkt gebummelt. „Sie staunten nicht schlecht über das Angebot an Südfrüchten und anderen Raritäten“, so Müller. Von den Marktbesuchern seien sie dabei bestaunt und willkommen geheißen worden. Der Nachmittag gehörte einer Weinbergbesichtigung und offiziellen Gesprächen.
Der zweite Volleyballvergleich habe am Abend wiederum in der Nordwesthalle vor 1000 begeisterten Zuschauern stattgefunden. Diesmal konnten die Offenburger das Spiel mit 3:2 zu ihren Gunsten entscheiden. „Das anschließende Treffen fand in einer lockeren Atmosphäre statt“, wie Müller weiter schreibt. Viele der anwesenden Offenburger hätten dabei gemerkt, „dass jenseits der Grenze auch Deutsche wohnen, die eigentlich die gleichen Bedürfnisse und Hobbys wie sie haben“.
Beziehungen ausgebaut
Nach der Rückfahrt nach Altenburg am Sonntag seien die Betreuer froh gewesen, „dass alle Volleyballer wieder vollzählig in Altenburg ankamen“. Aufgrund dieses Zusammentreffens von Sportlern beider Städte seien nach der Wende die partnerschaftlichen Beziehungen ausgebaut worden. „Ich denke da zum Beispiel an die politischen Würdenträger beider Städte, das Folklore-Ensemble, die Kleingärtner und andere Vereine“, konkretisiert Müller.
Ein Beispiel dafür seien die Volleyballer von Medizin Altenburg, die vor Kurzem ihre 30- jährige Partnerschaft mit Offenburg feierten (wir berichteten).
Jürgen Müller und Offenburg
„Ich selbst pflege herzliche Beziehungen zur Familie Schleimer in Offenburg“, schreibt der Altenburger Jürgen Müller. Frau Schleimer sei die Tochter des ehemaligen Modellflugzeugmotorenherstellers Walter Kratzsch aus Gößnitz. 2011 habe das Ehepaar Schleimer in Gößnitz anlässlich einer Ausstellung zur Geschichte der beiden Luftfahrtpioniere Walter Kratzsch und Gustav Struve geweilt. Leider sei Uta Schleimer 2020 verstorben. „Die freundschaftlichen Beziehungen zur Familie Schleimer aus Offenburg werde ich auf jeden Fall weiterhin fortsetzen“, verspricht Müller.