Rückblick: Der 35. Deutsche Weinbaukongress vor 90 Jahren

Als Offenburg die deutsche »Wein-Hauptstadt« war

Ursula Haß
Lesezeit 4 Minuten
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23. August 2019
Eine der Anlaufstellen für die Besucher des Deutschen Weinbaukongresses 1929 war die Gaststätte »Alte Pfalz«

(Bild 1/2) Eine der Anlaufstellen für die Besucher des Deutschen Weinbaukongresses 1929 war die Gaststätte »Alte Pfalz« ©Archiv

Vor 90 Jahren, vom 24. bis 27. August 1929, fand der 35. Deutsche Weinbaukongress erstmals in Offenburg statt. Beim Blick zurück werden neben der Weinhistorie auch viele Erinnerungen wach an alte Offenburger Hotels und Gaststätten, die damals zur Einkehr einluden.

Ausgewählt wurde Offenburg als Tagungsort des 35. Deutschen Weinbaukongresses als Stadt des Weines und Mittelpunkt der weinreichen Ortenau und auch deshalb, weil die Stadt als Verwalterin der jahrhundertealten St.-Andreas-Hospitalfonds-Stiftung einen ausgedehnten Qualitätsweinbau betreibt, mit den bevorzugtesten Sorten Weißherbst, Sylvaner, Clevner und Klingelberger. So stand es in der Anzeige der Stadt in der Festschrift. 

Als bevorzugte Kongressstadt Badens bekannt, mit günstigen Eisenbahnverbindungen, Ausgangspunkt der Schwarzwaldbahn, als Startpunkt für Ausflüge in den nördlichen und mittleren Schwarzwald besonders geeignet, war Offenburg seinerzeit als Tagungsort des Weinbaukongresses bestens beworben. Als Sehenswürdigkeiten wurden unter anderem die alte Stadtkirche, »zwei schöne neuere Kirchen«, »sehenswerte städtische Anlagen« und Heimatmuseum genannt. 

Bier aus München

Und wenn man in der Festschrift des Deutschen Weinbaukongresses, der vom 24. bis 27. August 1929 erstmals in Offenburg stattfand, blättert, ist man überrascht von der Vielfalt der Hotels und Gaststätten. Viele Namen gehören heute längst der Vergangenheit an. Am Bahnhof gab es mehrere Gaststätten, zum Beispiel »Ketterer’s Bahnhofs-Hotel«, ein Haus ersten Ranges, angepriesen auch mit einem »schattigen Garten«, oder von einer Bahnhofs-Restauration mit eleganten, großen Wirtschaftsräumen ist zu lesen, wo selbst Bier von der Löwenbräu aus München ausgeschenkt wurde. 

Überhaupt spielte auch das Bier eine Rolle in Offenburg, schon allein durch die Brauereien Wagner, Kronen oder Otto Mundinger, die ebenfalls in der Festschrift inserierten. Ganz in der Nähe zum Bahnhof lag auch der »Hanauer Hof« in der Franz-Volk-Straße, und zwischen Bahnhof und Stadt angekündigt das Hotel »Offenburger Hof« mit Zentralheizung und 16 beheizbaren »Autoboxen«, wobei man die wahrscheinlich im August nicht benötigte.

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Werbung machte auch das Hotel »Ries zum Ochsen« in der Hauptstraße am Eingang der Anlagen oder »Bischoffs Union Hotel«, als erstklassiges Bier-Restaurant aufgeführt. Das »Schwarzwald-Hotel« am Bahnhof mit Konferenz- und Ausstellungsräumen und Lift war ein moderner  Hotelneubau, ein Haus ersten Ranges unmittelbar am Bahnhof gelegen. Es gab Telefon in allen Zimmern und eigene Bäder. 

Auch von der Konditorei W. Strübel ist zu lesen, gegenüber der evangelischen Kirche, ebenfalls vom Gasthof »Alte Pfalz«, dem Gasthof »Zum Schwanen«, Restaurant »Tritschler«, dem »Badischen Hof« und dem Gasthof zur »Neuen Pfalz«. Einen »Römischen Kaiser« gab es in der Lange Straße. 

Die »Krone« in der Hauptstraße, am nächsten beim Festplatz zu den landwirtschaftlichen Hallen gelegen, ist sicherlich noch vielen älteren Offenburgern in Erinnerung. Auch bekannt ist das Hotel »Zum Salmen« in der Hauptstraße, wie natürlich auch noch der »Palmengarten«, oder das Hotel »Drei Könige« und die »Sonne«.

Dann gab es die Brauerei Jockerst in Bohlsbach, das Restaurant »Badenia« gegenüber dem Bahnhof, das Gasthaus »Zum Waldhorn« oder das Speise- und Kaffeehaus Gräßle zur Laubenlinde in der Friedenstraße, die Ortenauer Weinstube »Kalt Loch« von Emil Kupferer in der Metzgerstraße, die »Windeck« in der Franz-Volk-Straße 34, die Restauration »Zu den Printz-Hallen«, die Restauration »Zur Kopfhalle«, die Michelhalle und das Ortenberger Gasthaus »Zum Ochsen«, wie das »Riedle« und das Gasthaus »Laube« in Zell-Weierbach und die Winzerstube in Rammersweier, die den Gästen des Weinbaukongresses Unterkunft und Verpflegung anboten.

Enge Verbindung

Auch Oberbürgermeister Holler hieß die Gäste in der Festschrift willkommen. Mit Recht konnten die badischen Winzer darauf hinweisen, dass es beim Deutschen Weinbauverband alte Tradition sei, den Kongress an einem Platz inmitten eines Weinbaugebietes abzuhalten, wo Handel und Wandel vom Gedeihen des Weines abhängig ist und sich die Bevölkerung mit den Winzern eng verbunden fühlt. Offenburg war von jeher der Haupthandelsplatz für den Wein in Mittelbaden, fand ja bereits 1872 der erste Weinmarkt in Offenburg statt, der 1929 zum 56. Mal veranstaltet wurde. Seit 1924 gab es die Herbstmesse, wo auch der Ortenauer Wein ausgeschenkt wurde. Die Eintrittskarten kosteten übrigens fünf Reichsmark ohne Weinkostprobe, zehn Reichsmark mit Weinverkostung.

Hintergrund

Das Programm

Das Programm beim 35. Deutschen Weinbaukongress 1929 war vielfältig. Am Freitag fand die Eröffnung der Weinfachausstellung in den Landwirtschaftlichen Hallen statt, abends war Treffpunkt der Kongressteilnehmer im Gartenrestaurant des Bahnhofhotels Ketterer. Am Samstag fanden Sitzungen der Kongressausschüsse statt, ebenfalls am Sonntag. Zwei Umstände für eine große Mutlosigkeit der Winzer waren vorhanden: das Stocken der Weingeschäfte und die großen Frostschäden des vergangenen Winters. 

Am Samstagabend war Begrüßung mit Festspiel in der Stadthalle, am Sonntag gab es einen Festzug mit dem Motto »Das badische Land mit seinem Rebbau und seinen Trachten«, außerdem wurden Weinproben ausgeschenkt, abends dann Beleuchtung in der Stadt, Treffpunkt im Weinzelt auf der Ausstellung. Am Montag wurde eine Probe badischer Naturweine vom Badischen Weinbauverband in der Stadthalle veranstaltet, abends gab es Darbietungen, Musik und Tanz im Weinzelt auf der Ausstellung.

Auch Ausflüge in den Schwarzwald, an den Kaiserstuhl und nach Baden-Baden fanden statt. Ebenso gab es öffentliche Kongresssitzungen in der Stadthalle, wo namhafte Referenten auftraten. So wurde ein Referat zur »Bedeutung des Internationalen Weinamts« mit einem Referenten aus Paris abgehalten. Es gab einem Vortrag über Verbrennungserscheinungen an Reben nach Anwendung von arsenhaltigen Mitteln und Informationen zu Winzergenossenschaften in ihrer praktischen Arbeit. Zu jener Zeit entstanden vermehrt die Winzergenossenschaften in der Region, so in Zell-Weierbach 1923.

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