Aufbau des Windparks steht unter Strom

Zwei Windräder kommen auf den »Steinfirst«, zwei werden nördlich des »Rauhkastens« gebaut. Betroffen sind die Gemarkungen von Gengenbach und Friesenheim (jeweils etwa knapp 50 Prozent) sowie Hohberg mit dem kleinen Rest, zusätzlich aber der Zuwegung (rot) für Betontransporter und Spezialtransporter für die Anlagenteile. Die Kabeltrasse (blau) endet an der Umspannstation des E-Werks Mittelbaden nahe der Gengenbacher Aral-Stelle. © endura kommunal
In der Einwohnerversammlung in Gengenbachs Stadthalle stand auch der Windpark auf »Rauhkasten/Steinfirst« im Blickpunkt. Mit den Rodungsarbeiten unter anderem auf Bermersbacher Gemarkung hat die Umsetzung dieses Projekts für rund 22 Millionen Euro inzwischen begonnen.
Nach der Rodungsgenehmigung durch das Landratsamt begann Anfang Oktober das erste Abholzen von Wald und damit der Aufbau der vier Windenergieanlagen auf dem »Rauhkasten/Steinfirst«, dieses interkommunalen Windparks mit der Enercon GmbH als Hauptinvestor. »Die Bäume müssen aber überprüft werden, ob dort Fledermausneste sind«, merkte Rolf Pfeifer an, der am Mittwochabend auf Einladung der Stadtverwaltung einmal mehr bei einer Bürgerinformationsveranstaltung am Rednerpult stand. Der Experte der Freiburger Beratungsfirma »endura kommunal«, der dieses Windkraft-Projekt seit gut fünf Jahren betreut, blickte vor allem auf die nächsten Monate, in denen die vier Windenergieanlagen aufgebaut werden sollen, um spätestens im Juni 2017 ans Netz gehen zu können. Absenkungen der Einspeisevergütung nach dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhöhen den Zeitdruck.
Die Enercon GmbH ist mit 50 Prozent an diesem Projekt beteiligt, trägt die Hälfte der rund 22 Millionen Euro an Investitionskosten. Die anderen 50 Prozent übernehmen die Kommunen und möglicherweise Bürger, die sich beteiligen wollen. Die Entwicklungskosten von rund 350 000 Euro trägt Enercon. Die Wirtschaftlichkeit sei durch zertifizierte Gutachten nach der Windmessung von 6,2 Meter pro Sekunde gegeben. Dazu merkte Bürgermeister Thorsten Erny an, dass sowohl die Höhe des Windmessmastes (140 Meter) als auch die Dauer der Messung (zwölf Monate) außergewöhnlich hoch gewesen seien, um möglichst verlässliche Daten zu erhalten. Wobei man natürlich nicht sagen könne, so Pfeifer, wie die Windverhältnisse in zehn oder 20 Jahren hier seien.
Intensive Windmessung
Spruchreif hingegen sei, dass die Teile für die Windkraftanlagen in Oberschopfheim nahe des dortigen Penny-Marktes gelagert werden und nicht wie geplant eine Logistikfläche dafür in Diersburg angelegt werde, wo allerdings die Zuwegung für alle Transporte startet. Von allen Beton- und anderen Schwertransporten bleibt Bermersbach übrigens verschont, wie es nach entsprechender OT-Anfrage hieß.
Pfeifer erklärte in der Einwohnerversammlung auch, welche Problematik es aus Sicht des Denkmalschutzes gegeben habe: Auf einer Länge von 160 Metern des Kandelhöhenwegs seien aus südlicher Richtung kommend bei Schönberg die Windräder hinter der Burgruine Hohengeroldseck zu sehen.
2,4 Hektar Wald werden derzeit für den Windpark gerodet. Als Ausgleichsmaßnahme für diesen Verlust an Naturfläche werden rund 7,6 Hektar Wald ausgewiesen, der alt werden dürfe und unbewirtschaftet dann auch für den Artenschutz eine wichtige Rolle spiele. Rund 7700 Haushalte sollen durch diesen Windpark mit sauberem Strom versorgt und dem Klima gut 13 800 Tonnen CO2-Emission pro Jahr erspart werden.
All die immensen Vorarbeiten »haben wir nach bestem Wissen und Gewissen gemacht«, betonte Erny, der 2011 den Anstoß gegeben hatte nach der politischen Forderung, die Windkraftnutzung auszubauen, und nach dem Windatlas Baden-Württemberg, der Flächen mit entsprechendem Potenzial ausweist. Die Stadtwerke Gengenbach übernahmen die organisatorischen Beiträge der beteiligten kooperativen Kommunen. Dass ein gewisses finanzielles Risiko bleibe, so Erny, liege in der Natur der Sache.
Vorgeschichte:
◼ 2012: Pacht-Pooling am Rauhkasten/Steinfirst mit acht Eigentümern als Grundlage für einen möglichen Windpark
◼ 2013: Projektentwickler-Auswahl-Verfahren, Zuschlag für Enercon GmbH mit Sitz in Aurich, größter deutscher Hersteller von Windenergieanlagen
◼ 2014: Kooperationsvertrag Enercon, Nutzungsverträge, Bürgerinformation, Gewerbesteuer-Zerlegung mit den beteiligten Kommunen (Gengenbach 45 %, Friesenheim 45 %, Hohberg 10 %), Zustimmung der Nachbargemeinden
◼ 2015: Projektentwicklung, Zuwegung, Kabeltrasse, Sichtbarkeit, Proteste aus Reichenbach bei Lahr, Diersburg, Einreichung Genehmigungsantrag (Mitte September 2015)
◼ 2016: Auseinandersetzung mit Denkmalschutz, Messung der Windhöffigkeit mit Gutachten, Genehmigung am 4. September erteilt
Umsetzung:
◼ Oktober: Ausbau der Zuwegung, Waldrodung, Herstellen der Kranstell- und Fundamentflächen
◼ November: Ausheben der Baugruben für Fundamente, Gießen der ersten Fundamente
◼ Dezember: Gießen der letzten Fundamente mit Abschluss in Kalenderwoche 50
◼ Januar/Februar 2017: Anlieferung der Turmteile, Zwischenlagerung
◼ März 2017: Aufbau des Gittermastkrans
◼ April/Mai 2017: Bau der vier Windenergieanlagen
◼ Juni 2017: Netzanschluss
Sonstiges:
◼ Internetportal zur ausführlichen Information und zur Zeichnung von Beteiligungskapital ab Ende Oktober unter www.windenergie-gengenbach.de
◼ Bürgerbeteiligung wird bis Anfang Dezember 2016 aufgelegt
◼ Tage der offenen Baustelle im Herbst 2016 und Frühjahr 2017
◼ Einweihung voraussichtlich im Juli 2017