Bariton statt Tenor bei Matinee in Weier
Der ursprünglich geplante Künstler musste krankheitsbedingt absagen. Doch trotz der kurzfristigen Programmänderung beim Kammerkonzert an der Kinzig, wurden die Erwartungen des Publikums erfüllt.
»In den letzten 24 Stunden habe ich erfahren, wie es einem Intendanten geht, wenn ein Künstler kurzfristig absagt«, begrüßte Dekan Frank Wellhöner Sonntag im ökumenischen Gemeindezentrum in Weier. Ursprünglich standen auf dem Programm der Matinee klassische Klavierlieder, gesungen vom slowenischen Tenor Sebastjan Prodbregar, mit Klavierbegleitung von Anna Anstett.
Der Tenor sagte jedoch seinen Auftritt aus gesundheitlichen Gründen erst am Samstag ab. Unter diesen Umständen hätte man normalerweise das Konzert absagen müssen. Nicht so bei Dekan Wellhöner. Nach Rücksprache mit Anna Anstett, gelang es kurzfristig, den Baritonsänger Modestas Sedlevicius, mit dem die Genannte schon mehrmals gemeinsam aufgetreten ist, zu verpflichten. Da dieser sofort in die Bresche sprang, kamen die Zuhörer am Sonntagvormittag doch noch auf ihre Kosten.
Mit der Änderung des Sängers hatte sich natürlich auch das Liedprogramm geändert. Wellhöner sorgte jedoch dafür, dass jeder der Gäste die neuen Texte mitlesen konnte. Sicherlich eine schöne Ergänzung zu den großartigen Auftritten der Interpreten.
Die beiden jungen Künstler haben inzwischen jeweils in ihrem Metier einen hervorragenden Ruf. Eine Bestätigung dafür erhielt ohne Zweifel das wie immer fachkundige Publikum im Gemeindezentrum. Hinzu kam, dass es sich bei den beiden auf Grund vieler gemeinsamer Auftritte um ein bereits eingespieltes Team handelt. In diesem Zusammenhang wurden sie im Rahmen gemeinsamer Auftritte sogar mehrfach ausgezeichnet. So gewannen sie unter anderem beim Moerser Musiksommer 2015 den Liedduo-Wettbewerb »Deutsche Romantik im Lied«.
Nach einer kurzen Vorstellung der beiden Interpreten knüpfte Wellhöner daran an, denn Lieder von Gustav Mahler, Franz Schubert und Erich Wolfgang Korngold hatten die Pianistin und der Bariton für ihr Ad-Hoc-Programm ausgewählt. Lieder, deren Texte aus der Zeit der Romantik von Liebe und Leid, Gebrochenheit und Tragik, von Sehnsucht und unerfüllter Liebe sprechen.
In großer Harmonie
Mit den Liedern eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler kam dies im ersten Teil der Matinee zum Ausdruck, wobei die Zuhörer auch erfuhren, dass der Komponist eigene Erfahrungen darin verarbeitet hat. Schwermütig und leise, dann auch wieder laut und klagend, Modestas Sedlevicius hat dies mit seiner voluminösen Stimme hervorragend ausgedrückt.
Dazu das harmonische Zusammenwirken mit der Pianistin, deren Begleitung seines Gesanges oft wie eine Unterhaltung mit ihm wirkte, in deren Rahmen sie seine gesanglich ausgedrückten Gefühle teilte. Dabei hielt sie sich entweder entsprechend zurück oder war bei manchen Passagen dominanter. Dies traf gleichermaßen für die Vertonung der Texte »Sehnsucht« von Friedrich Schiller, »Nachtstück« von Johann Baptist Mayrhofer und »Der Zwerg« von Matthäus von Collin, durch Franz Schubert im zweiten Teil des Programms zu.
Mit der Arie des Pierrots Fritz aus der Oper »Tote Stadt«, von Erich Wolfgang Korngold wurden die Zuhörer dann in die Neuzeit versetzt. Der Inhalt entsprach aber dem Gesamtthema des Vormittags. Das Publikum spendete am Ende frenetischen Beifall und bekam noch passend zum Schluss mit dem Lied »Abschied« von Hugo Wolf die geforderte Zugabe.