Beeindruckende Reise: Zu Besuch beim Dalai Lama
Paul Syska reist schon seit mehr als 30 Jahren nach Indien, über den Jahreswechsel war er wieder dort. In Mundgod engagiert er sich beim Wiederaufbau eines buddhistischen Klosters. Syska berichtet, was er bei seiner jüngsten Reise erlebt hat und warum es ihn immer wieder fasziniert, den Dalai Lama zu treffen.
„Mich bereichert das Streben der Nonnen und Mönche, die Weisheit und Kultur der Tibeter aufrechtzuerhalten, und die Bemühung, dass das Wissen nicht verloren geht“, sagt Paul Syska. Der ehemalige Vorsitzende des tibetisch-buddhistischen Vereins Offenburg erinnert sich an ein Gespräch mit dem Dalai Lama, dem geistigen Oberhaupt der Tibeter. Dieser habe zu ihm gesagt, dass es wichtig sei, den Buddhismus und sein uraltes Wissen zu bewahren, vor allem in Bezug auf die heutige Welt.
Dieses Gespräch hat den Anstoß dafür gegeben, dass Syska fast jedes Jahr für mehrere Wochen nach Indien, in den Ort Mundgod reist. Dort werden gerade zwei neue Klöster aufgebaut: Denn die Chinesen haben damals die meisten Klöster zerstört, die Tibeter vertrieben und den buddhistischen Glauben mit seinen Traditionen unterdrückt.
Das Wissen verbreiten
Um das Wissen aus den alten Klöstern zu verbreiten, hat die indische Regierung den geflüchteten Tibetern in Mundgod und Bylekuppe Gebiete gegeben, um wieder neue Klöster aufzubauen. Über 100 000 tibetische Flüchtlinge haben in Indien eine Bleibe gefunden. Mittlerweile gibt es schon richtige tibetische Siedlungen.
Der tibetische Verein in Offenburg, dessen Vorsitzender Syska war, das Tibetische Zentrum in Hamburg und Syska selbst betreuen den Bau des Klosters und unterstützen ihn mit Spenden. Auch in den umliegenden Ländern, wie zum Beispiel China, Singapur und Nepal steige das Interesse, den Buddhismus und sein Wissen wieder zu verbreiten, deshalb gebe es auch von ihnen zunehmende Unterstützung, berichtet Syska.
Immer bekannter
Auch bei seinem jüngsten Besuch im Kloster Jangchub Choeling habe er wieder einmal bemerkt, dass die Nonnenklöster immer bekannter werden. Die Menschen kämen in Gruppen, um mit den Nonnen die Puja abzuhalten, dies ist eine Art Meditationssitzung.
Das Wissen der Nonnen sei sehr wichtig und wertvoll, betont Syska. Dieses erlernten sie in einem Studium, welches 20 Jahre dauere und mit einem Doktortitel in Philosophie vergleichbar sei. Der Abschluss nennt sich „Geshema-Examen“. Die Wissenschaftler seien tief beeindruckt, wenn sie mit den Nonnen über die „Wissenschaft vom Geist“ diskutieren. Das Studium sei schon so bekannt, dass momentan sogar zwei Nonnen aus Amerika dort studierten, erzählt Syska beeindruckt.
Ein Höhepunkt bei seinem Besuch war für ihn das Sonnenfinsternis-Spektakel. Die Nonnen hatten dies vorbereitet und wollten wissenschaftlich erklären, wie es dazu kommt. Mit Spiegeln konnte die Finsternis sogar an einer Wand beobachtet werden.
Syska konnte als ehemaliger Physiklehrer sein Wissen zur Optik weitergeben. Es kamen indische Schulklassen, das Fernsehen und die Presse, um sich dieses Ereignis anzusehen und darüber zu berichten.
Doch der Besuch beim Kloster war nicht der einzige Beweggrund Syskas, nach Indien zu reisen. Der Dalai Lama hatte nämlich angekündigt, nach Mundgod zu kommen. Dies ist jedoch nicht das erste Treffen, er begegnet ihm mittlerweile seit 30 Jahren jedes Jahr.
Bescheidenheit
Trotzdem erinnert er sich noch gut an eines der ersten Aufeinandertreffen. Der Dalai Lama war nämlich schon einmal (siehe auch „Hintergrund“) in Offenburg zu Besuch. Er wurde in einem der besten Hotels untergebracht, für das leibliche Wohl wurde extra ein Kochteam organisiert. Als Syska abends seine Essensbestellung aufnahm, bestellte der Dalai Lama lediglich eine Tomatensuppe und heißes Wasser. Diese Bescheidenheit macht ihn unter anderem für Syska zu einem so besonderen Menschen.
Bei seinem Aufenthalt in Mundgod besuchte er mehrere seiner Vorlesungen in der Versammlungshalle im Kloster Drepung. Die Mönche bitten ihn dort um Texte, um ein tieferes Verständnis darüber zu erhalten. Syska fasziniert, dass der Dalai Lama so echt und ungeschminkt sei. „Was er einem erzählt, ist nicht nur gelesenes Wissen, sondern das kommt direkt aus seinem Herzen“, sagt er voller Bewunderung.
Bei den Vorlesungen halte er bis zu dreistündige Vorträge, ohne jegliche Karteikarten. „Seine Worte kommen dabei aus tieferer Ebene, er spricht direkt zu den Mönchen.“
Als der Dalai Lama in Offenburg war
Die Verbindung zum Nonnenkloster Jangchub Choeling in Mundgod in Südindien geht laut Paul Syska auf die Jahre 1982 und 1989 zurück. „Damals fand ich beim amtierenden Oberbürgermeister Martin Grüber ein offenes Ohr für die Idee, den Dalai Lama mit Wissenschaftlern zusammenzubringen“, erinnert sich Syska.
Das Kulturamt unter der Leitung von Hans-Joachim Fliedner hatte die umfangreichen Vorbereitungen zu stemmen. 1983 kam der Dalai Lama mit dem Physiker und Philosophen Klaus Michael Meyer-Abich und 1989 mit Carl Friedrich von Weizsäcker zu Gesprächen in Offenburg zusammen. Zwei Tage konnten von Weizsäcker und der Dalai Lama über moderne Physik, insbesondere über die Quantentheorie, Gespräche führen.
Seitdem berichte der Dalai Lama darüber, dass von Weizsäcker sein „Quantenphysiklehrer“ gewesen sei, so zuletzt bei wissenschaftlichen Tagungen an den Universitäten Florenz und Pisa, sagt Syska. „Vielleicht hat Offenburg dazu den Anstoß gegeben, dass sich jährlich Wissenschaftler bei ,Mind and Life‘-Gesprächen treffen, um neueste Entwicklungen und Forschungen mit dem Dalai Lama zu diskutieren.“ Vor allem hätten Hirnforscher ein großes Interesse daran, sich mit dem Dalai Lama über ihre Forschungsarbeiten auszutauschen.
Die Universität Emory in den USA habe einen Studiengang für tibetische Mönche und jetzt auch Nonnen eingerichtet, um sie in westlichen Wissenschaften auszubilden, berichtet Syska, der anmerkt: „Zwei Nonnen aus ,unserem‘ Kloster befinden sich zur Zeit an der Universität Emory.“
Das Nonnenkloster liegt in der Nähe zweier großer Staatsklöster, Drepung und Ganden, die hier nach der Flucht des Dalai Lama aus Tibet in Südindien wieder aufgebaut worden sind. Beide Klöster zusammen beherbergen laut Syska etwa 7000 Mönchsstudenten. Zwischen diesen beiden Großklöstern liegt das Nonnenkloster mit etwa 250 Studierenden.
Das Nonnenkloster genieße eine besondere Wertschätzung des Dalai Lama. Er besuche das kleine Nonnenkloster, wann immer er in Mundgod sei. Auf Youtube ist unter „Jangchub Choeling Nunnery Mundgod“ eine von Syska erstellte, kurze Dokumentation zu finden. Auch hat das Nonnenkloster eine eigene Website: www.jangchubchoeling.org