Theaterstück: Volles Haus beim "Dorf ohne Tratsch"
Welche Verdächtigungen, Konflikte und gar gesellschaftliche Ausgrenzungen überbordender Dorftratsch auslösen kann, zeigte die Theatergruppe des RMSV Berghaupten 1908 in der voll besetzten Schlosswaldhalle.
Die Theatergruppe des Rad- und Motorsportvereins Berghaupten landete mit dem Stück »Ein Dorf ohne Tratsch...« einen Volltreffer. Rosalinde Männle als penetrant neugierige Postfilialleiterin Heidi Laber hatte am Samstag in der Schlosswaldhalle die Paraderolle. Geradezu süchtig nach jeder noch so kleinen Neuigkeit, nach jeder scheinbaren Schwachstelle ihrer Mitbürger, agiert sie wie die Spinne im Netz und entwickelt ihr Geflecht aus Scheinbeobachtungen und Halbgehörtem.
Ihr Postkabuff ist nicht nur wegen der eingehenden Briefe und Pakete eine ideale Nachrichtenquelle, sondern in der Dorfmitte mit meist geöffnetem Fenster auch ein günstiger Beobachtungs- und Horchposten. Als dann noch die Reporterin Sybille Putt (Hannah Brüderle) den vermuteten Lottogewinner ermitteln und zu einer Titelstory verarbeiten will, kennt die triebhafte Neugierde keine Grenzen.
Jagd nach Informationen
Kathy Zehnle als gleichermaßen wissbegierige Metzgersfrau Käthe Kleber ergibt zusammen mit der Postlerin Heidi ein unerbittliches Gespann auf der Jagd nach verborgenen Dorfgeheimnissen. Ein etwas durchtriebener, aber ebenfalls hilfreicher Lieferant von schlüpfrigen Informationen ist der Briefträger Uwe Berg (Henrik Spitzmüller). Und den nennt Bürgermeister Bernd-Otto Lückhausen bei seinem Schlussauftritt auch als Lottogewinner. Allerdings hat er nicht den von Heidi Laber in Umlauf gesetzten Riesengewinn von sechs Millionen Euro gewonnen.
Aber immerhin reichte die Summe aus, um von der Gemeinde das verwahrloste Ladenlokal in der Dorfmitte aufzukaufen. Zur Aufwertung des Dorflebens will er dort wieder eine Kneipe eröffnen. Bevor der Dorfchef den Verkauf des Schandflecks auf seiner Erfolgsliste verbuchen konnte, musste er sich allerdings noch mit seiner eingebildeten Gemahlin Krimhilde (Nadine Seger) herumschlagen. Diese wollte nämlich mit dem in höheren Sphären schwebenden Künstler Leonardo Wortelhöfer (Björn Siebert) das alte Gebäude zu einer schicken Galerie ausbauen.
Ursprünglich hatte Bürgermeister Lückhausen dem Metzgermeister Harald Kleber (René Rummel) das Gammelobjekt andrehen wollen, doch dessen Gattin Käthe war mehr an der Gewichtsreduzierung ihres Mannes als an einer Geschäftsveränderung interessiert. Ein zusätzliches Treibmittel für den Handlungsschwung sind die Haschkekse der Reporterin. Diese setzt sie bei dem geschäftstüchtigen Banker Spar (Peter Weiß) ein. Dem schmecken die Kekse so gut, dass er sich für die ebenfalls Kekse konsumierende Reporterin näher interessiert.
Ansehen beschädigt
Heidi verbreitet die vermeintliche Übergriffigkeit umgehend und beschädigt damit das bislang blitzsaubere Bild des Angestellten. Eine wirkungsvolle Rolle in der gebrochen Deutsch sprechenden Putzfrau Ayse Übegün hatte Steffi Fux. Schlagfertig darf sie sich nicht nur mancher Vorurteile erwehren, sondern auch nach dem Griff in die herrenlose Keksschachtel selig mit dem Besen über die Bühne tanzen.
Doch auch sie stiftet tratschenderweise Unfrieden, indem sie der Frau Bürgermeisterin ein Verhältnis mit dem Künstler Leonardo andichtet. Dessen zur Verbesserung der Dorfkultur aufgestellte Skulptur, ein bemalter Grasrechen mit abgebrochenen Zinken, entlarven die erdverbundenen Dörfler mit drastischen Kommentaren als leeren Schein. Allerdings wurde nach der Schlusspräsentation der Akteure von Peter Weiß das Objekt zugunsten des anvisierten Jugendtreffs in Berghaupten zur Versteigerung aufgerufen.
Für die Inszenierung des Lustspiels »Ein Dorf ohne Tratsch...« von Christa Bitzer war Nicole Zehnle als Regisseurin verantwortlich. Dieter Schappacher sorgte für die Funktion von Ton und Technik. Maske: Rebecca Leistler. Souffleuse: Isabelle Gerhard.