Offenburg
Bis dass der Sound explodiert
Jutta Hagedorn
02. September 2001
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Kein Blues, kein Rock, kein Jazz. Nein, Hip-Hop sollte es sein, was die neue KiK-Saison einläutetet. Die Offenburger Sound Puppets gaben mit »Can I kick it?« eine amtliche Party.
Offenburg. Hat man die richtigen Styles am Start, gelingt jede Party. Hip-Hop lebt vom Mitmachen, und wenn dann eine Party nicht in die Gänge kommt, dann sind die Leute selber schuld. Aber bei der offiziellen KiK-Eröffnung passte alles, und die Szene feierte sich selbst. Die Wände wackelten, weil man in Sachen Bass in die Vollen ging und man sich im roten Bereich sauwohl fühlte.
Auch in Sachen Groove war man nicht zurückhaltend. Biblisch gesprochen würden Lahme zwar nicht zum Gehen, dafür aber zum Tanzen gebracht werden. Soviel zur Hexerei am DJ-Pult. Nicht zu vergessen der Sprechgesang. Kevo, Power T, P-Verse, HP-das Kind und andere waren da. Rapper und DJs aus dem Oberzentrum und - die Szene ist vernetzt - sogar aus München und Mannheim. Nicht zu vergessen die No Names aus dem Publikum.
»Open Mics«
»Manche üben Zuhause im Kinderzimmer, um hier zu rappen, andere sind ganz spontan und legen einfach los«, erzählt einer, der mit 25 schon zu den Hip-Hop Senioren gehört. Natürlich hat auch er beim »Open Mics« von jemandem ein Mikrophon in die Hand gedrückt bekommen und - soviel Mut muss sein - gezeigt, was für ein fixer Wortmeister da am Start ist.
Stehen anderswo die Leute im Konzert möglichst so, dass man genügend Abstand zum Vorder- und Nebenmann hat, hockt hier alles auf einem Haufen, wie beim »Schelle, Schelle, Sechser« zu Fasentszeit. Für die In-der-Ecke-Steher und Kopfnicker, die üblichen Verdächtigen halt, wie sie überall zum Inventar gehören, gab es verbal eines auf die Baseballmütze. »Für alle Leute, die blöd rumstehen, ihr macht so einen Schrott«, rappte Offenburgs derzeit erfolgreichster Wortkünstler P-Verse.
Wie`s ging, machte er vor; machte er mit. Tanzen, im Groove sein, Worte reimen, locker seinen »Scheiß« erzählen. Hier wird kein Wert auf Allüren gelegt: andere zu Wort kommen lassen. Das Mikrophon wanderte von einer Hand in die andere: Wort ab! Schade nur, dass die Anlage nicht auf der Höhe der Zeit war.
Auf den Schlachtruf »Nazis raus« hätte man auch gerne noch den ganzen Text verstanden - ging aber im Sound unter. War auch nicht so wichtig, denn es war Party-Time, »bis der Sound explodiert« (P-Verse). Was nicht mit den Ohren zu verstehen war, kam mit dem Auge rüber. Auf den T-Shirts war der aktuelle Stand der Hip-Hop Kultur wie in einem offenen Buch zu lesen: Wer T-Shirts mit den drei Streifen oder dem Raubtier trug, outete sich als Retroaktivist.
T-Shirt-Parade
Aktueller waren da schon »Carhartt« oder das Bekenntnis »Mos Def«, einen New Yorker Politrapper, okay zu finden. Der Träger des T-Shirts »Make your mark on society« wollte vielleicht auf Graffiti aufmerksam machen. Vielleicht aber auch darauf, dass Hip-Hop trotz Millionen Geschäfte und Ausverkauf immer noch Deutschlands Underground Ding Nummer Eins ist.
»Der Nachwuchs trägt Zeitungen aus, damit er sich einen Plattenspieler und Platten leisten kann. In fünf Jahren ist er besser als wir«, vermutet DJ Impact. Für den DJ von den Veranstaltern »Sound Puppets« geht es auch um »Idealismus« und darum: »Kein Eintritt!«
Zum Schluss sollte noch ein anderes T-Shirt erwähnt werden. Es zeigte die Skyline von Offenburg, mit der Zeile »Offenburg Hip-Hop«. Aber damit nicht genug. Der Burda-Tower, der in der Skyline nicht fehlen darf, ließ die berühmten vier Buchstaben vermissen Dafür ist ein »P-V E R S E« zu lesen. Auch einer, der Nachrichten vercheckt.