Buchautorin Ursula Haß aus Fessenbach wird 75 Jahre alt
Die Fessenbacher Autorin Ursula Haß feiert am Sonntag ihren 75. Geburtstag. Neben ihren Krimis um Ermittler Kirsch schreibt sie nun auch Kinderbücher. Auch für das OT ist sie weiterhin aktiv.
UrsUrsula Haß sprüht vor Energie – und vor Ideen. Wenn sie am morgigen Sonntag ihren 75. Geburtstag feiert, lässt sie sich ein bisschen verwöhnen. Das Essen liefert die benachbarte „Traube“. Normalerweise steht sie am späten Vormittag selbst am Herd, um ein Mittagessen für sich und ihren Mann auf den Tisch zu bringen.
Davor sitzt sie am Schreibtisch und geht ihrer Leidenschaft nach: dem Schreiben! Die Geschichten wollen raus, und die Jubilarin räumt ihnen entsprechend Zeit ein. Das ist das Erfolgsgeheimnis der Frau, deren Tag oftmals mehr als 24 Stunden zu haben scheint. „Ich schreibe mir für jeden Morgen eine Liste mit den Dingen, die ich erledigen will“, sagt sie.
Struktur und Disziplin haben die gebürtige Oststädterin schon als Teenager erfolgreich gemacht: Als die 16-Jährige, die gerne Lehrerin werden wollte, sich auf Wunsch ihres Vaters bei der Stadt bewarb, lotste sie der Messechef sofort in seine Abteilung. „Er kannte mich durch meine Tante“, sagt sie. Offensichtlich wusste der Messeleiter, was er seinem Lehrling zutrauen konnte. „Ich war sofort für die Oberrheinmesse zuständig“, erinnert sie sich. Das war 1962, die Halle wurde erst im kommenden Frühjahr eingeweiht. Die junge Frau schloss Verträge mit den Ausstellern und tüftelte den Hallenplan aus. Den lieferte sie an die Stadtkasse: „Diese prüften die Zahlungseingänge, das war eine Heidenarbeit.“
Langeweile kam nie auf
1966, nach der Geburt der ersten Tochter, brachte sie Familie und Beruf unter einen Hut. „Meine Schwiegermutter hat mich unterstützt“, ist sie dankbar. Als 1972 die zweite Tochter zur Welt kam, hängte sie den Beruf an den Nagel. Langeweile kam keine auf: Elternbeirätin an der Schule, Gemeinderätin, Pressefrau beim Tischtennisverein – so einige Ehrenämter füllte sie aus. Dabei war sie Willi Reimling aufgefallen, dem damaligen OT-Lokalredakteur. Er gewann Ursula Haß dafür, über den Fessenbacher Gemeinderat und den Ort zu schreiben. Mit dem „Solex“ chauffierte sie die Manuskripte und Filme zum Verlag.
Wie auf sie zugeschnitten
Als die jüngere Tochter 14 war, wollte Ursula Haß wieder arbeiten. Eine erste Bewerbung bei der örtlichen Gemeindeverwaltung schlug fehl. Zunächst enttäuscht, merkte sie bald: „Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich eine andere.“ Sie entdeckte eine Stellenanzeige der Messe, die wie auf sie zugeschnitten war.
Aus dem Zwei-Mann-Betrieb mit Lehrling war inzwischen ein ganzer Stab geworden, und sie war für die Kommunikation zuständig. Pressetexte verfassen, Kontakt mit den Journalisten halten, Infos von den Ausstellern einholen, Messezeitungen herausgeben – das Aufgabenfeld war vielfältig und Ursula Haß beruflich angekommen.
„Schon als Jugendliche habe ich gerne geschrieben“, sagt sie. „Ich verfasste eine Abhandlung über Che Guevara und einen Reisebericht über einen 14-tägigen Berlinaufenhalt mit dem Jugendwerk.“ Als sie 2011 in Ruhestand ging, stand fest, dass sie Bücher schreiben will. Kirsch tauchte in ihren Gedanken auf, ein bruddliger Ermittler, der nicht aufzuhalten war: In fünf Krimis ließ Ursula Susanne Haß, die als Autorin ihren vollen Namen verwendet, in „Wiesenbach“ – unschwer als Fessenbach zu erkennen – ermitteln.
Nun hat sie Kirsch auf Anregung ihrer Leserschaft hin „versetzt“: Im aktuellen Roman „Von Wölfen und Schafen“, der 672 Seiten umfasst, lässt ihn seine Schöpferin direkt in und um Offenburg ermitteln. Und schon sprudeln neue Ideen: Die Autorin schreibt inzwischen an Band sechs.
Auch mit geschichtlichen Themen hat sie sich einen Namen gemacht: Mit einem Offenburg-Buch ebenso wie mit Beiträgen im OT, für das sie seit der Pensionierung wieder aktiv ist.
Ihrem Publikum bringt die 75-Jährige die Bücher bei Lesungen und in ihrem „Kunscht- & Buchlädele“ Am Winzerkeller 5 in Fessenbach näher. Das hat sie in einer ehemaligen Garage eingerichtet. Bis 2011 stand ein VW Käfer darin, den sie sich kurzentschlossen gekauft hatte. „Schon auf der Heimfahrt blieb er stehen“, lacht sie. Heute erinnert im liebevoll ausgestatteten „Kirsch-Atelier“ noch das Nummernschild an das Cabrio. Es thront über Stapeln von Büchern, die aus der Feder der Autoren des Autorennetzwerks stammen. Diesem hat sich Ursula Haß während der Corona-Krise angeschlossen.
Im März will sie den Schwerpunkt Kinderbuch setzen. Mitten im Lockdown 2020 ist nämlich ihr Kinderbuch „Wer klaut schon einen mexikanischen Tomatenbaum?“ erschienen. Er sowie Publikationen ihrer Autorenfreunde will sie zu Ostern hin präsentieren: „Im März kann ich sicherlich wieder meinen offenen Nachmittag anbieten.“ Der übliche Turnus (immer am ersten Mittwoch des Monats ist von 14 bis 16 Uhr geöffnet) geht coronabedingt nicht. Dann eben am zweiten oder dritten Mittwoch, steckt das Energiebündel voller Pläne.