Krügers Wochenschau

Das Beste der Woche

Klaus Krüger
Lesezeit 4 Minuten
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23. Juni 2017

Die Denkerin unter den Solitärwespen schlüpfte ausgerechnet bei mir. © pixabay.com/Gordon Johnson

Gegen Insekten sind wir machtlos. Vor allem solche, die Sartre lieben ...

Beinahe hätte ich über Herrn Kohl geschrieben. Heute und hier. Dann hätte seine Nachwelt erfahren, warum er seine Wahlen gewonnen hat. Denn ich habe sein Geheimnis gelüftet, nachdem ich als Journalist eine Begegnung der dritten Art mit dem damaligen Bundeskanzler hatte. Da war er noch nicht einmal der »Ganzler der Einheit«. Aber ich habe keine Lust dazu. Übermaß ist ungesund. Beschäftigen wir uns nicht mit Titanen, sondern mit Insekten. Sie werden sowieso die Welt von uns erben, wenn wir fertig mit ihr sind. 
Alles begann am Sonntag. Ich saß im Büro und schrieb über den Festgottesdienst für die ganze Seelsorgeeinheit zu Pfarrer Reinhold Killigs Priesterjubiläum – was soll ein Journalist an einem Sonntag mit Kaiserwetter sonst auch tun? Da hörte ich ein Sirren. Etwa so, als liege eine dicke Fliege auf dem Rücken; oder so, als versuche eine dicke Fliege aus einem Schrank herauszukommen. Ich habe immer Mitleid mit der Kreatur, selbst wenn ich sie fresse. Aber die Fliege wollte ich gar nicht fressen, sondern ihr helfen. Sollte sie frei sein, durch den herrlichen Sonntag torkeln und von einer vorbeizischenden Amsel gefressen werden.

Die Bestimmung

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Das war ihre Bestimmung – nicht aber, in meinem Schrank zu verdorren.
Ich lauschte. Eindeutig, das Sirren kam aus dem Schrank, hinter dessen mittlerer Tür aus Glas sich die Bücher stapeln. Ich machte die Tür auf. Nichts. Hm, sie wird schon herausfinden. Ich ließ die Türe offen. Das Sirren ging weiter. Nachdem ich die Arbeit beendet hatte, räumte ich den mittleren Schrank aus – vielleicht hatte sich die Fliege ja verklemmt. Nichts. Ich räumte den Schrank wieder ein. Am nächsten Tag sirrte es immer noch. Nun nahm ich mir den Pappkarton auf dem Schrank vor. Auf dem lag zudem noch ein zugeschweißter Pack A3-Papier. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie irgend etwas in den Karton darunter reinkam. Doch kaum hatte ich den Deckel gehoben, flog eine Solitärwespe, wie ich als Mann einer Biologin sofort erkannte, aus dem Karton, drehte zwei Runden im Büro, so, als wollte sie sich bedanken, und eroberte die Welt vor meinem weit geöffneten Fenster. Im Karton entdeckte ich eine leere Lehmwabe.
Das Sirren hörte allerdings nicht auf, es vervielfältigte sich. Nacheinander schlüpften Solitärwespen und saßen auf meinen Büchern, guckten belesen und schwirrten aus dem Fenster hinaus. Wahrscheinlich hatte Mutter Solitärwespe ihre anderen Lehmwaben an die Bücher, Abteilung Philosophie, geklebt – zwischen Aristoteles, Platon und Feuerbach.
Nur eine hatte offensichtlich ihren Sartre (Das Sein und das Nichts) noch nicht zu Ende gelesen und saß beharrlich an dem Buch. Vielleicht muss sich auch eine frisch geschlüpfte Wespe erst mal über unsere Welt informieren. Ich riss sie dennoch von der Lektüre los mit Snapy, dem Insektenfänger, streckte den Arm aus dem offenen Fenster, öffnete Snapy vor dem geschlossenen Fensterflügel (ich weiß, wie süchtig Sartre macht). Die philosophische Solitärwespentochter flog einen Bogen und schoss durchs offene Fenster in mein Büro zurück. Sie klebte an Sartre, Das Sein ... 

Mit der Wespe in den Garten

Nachdem ich sie ein weiteres Mal auf Sartre eingefangen hatte, gingen die Solitärwespe, Snapy und ich ins Erdgeschoss, auf die andere Seite des Hauses, in den Garten. Ich ließ sie frei, sie schoss links am Haus vorbei und flog einen Bogen nach rechts oben. Dort liegt mein Büro. Und richtig, als ich dorthin zurückkam, saß sie an Sartre, Das Sein ... 
Ich erzählte meiner Frau die ganze Geschichte, und die Hausfrau siegte über die Biologin. Sie sagte trocken: »Du könntest in deinem Büro mal wieder Staub wischen! Das ist ja das reinste Biotop.« Ich entgegnete: »Ich hatte es mir für dieses Jahr vorgenommen. Wir haben ja eine ungerade Jahreszahl.« Im Stillen dachte ich: Aber nicht, so lange meine Wespe Sartre liest. Sie braucht den Staub und alles andere – schließlich muss sie sich von irgend etwas ernähren. So, ich glaube, es war ganz gut, dass wir kein Wort über Helmut Kohl verloren haben. Es lebe die sartresüchtige Solitärwespe!
 

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