»Das hier ist das Beste«
Am Samstag, 6. September, wird es ausnahmsweise laut im beschaulichen Schwärzenbach. Dann geht der dritte »Rock auf’m Hof« bei der Familie Sester über die Bühne, zu der gewissermaßen Jürgen Zöller zählt, der BAP-Schlagzeuger, der mit seiner eigenen Band wieder an seinem liebsten Urlaubsörtchen rockt.
Gengenbach-Reichenbach. »Hallo Mutti!«, ruft Jürgen Zöller und steht von der Eckbank auf. »Grüß dich, mein Junge!«, sagt Anni Bätza und drückt den 66-jährigen Profi-Schlagzeuger, mit 27 Jahren nach Sänger Wolfgang Niedecken der dienstälteste Musiker der berühmten Kölner BAP, fest an sich. Die betagte Hessin ist zu Besuch bei Tochter und Schwiegersohn auf deren Sester-Hof, wo am 6. September das Festival »Rock auf’m Hof« gefeiert wird und wo gestern bei einem »Presse-Meeting«, bei Bibiliskäs, Leberwurst und anderen Hof-Spezialitäten die Fakten zur dritten Auflage vorgestellt wurden – in der gemütlichen Stube, in familiärer Atmosphäre. Die herzliche Mutti-Umarmung spricht für den Stellenwert, den Zöller bei den Sesters genießt.
Erst Urlaubsgast mit seiner eigenen Familie nach Zufallprinzip vor einigen Jahren, dann guter Bekannter, längst Freund und im Grunde genommen inzwischen ein halber Sester. »Das hier ist das Beste, was es gibt«, sagt Zöller und meint damit nicht nur Speck und Schnaps der Gastgeber, sondern vor allem das Ambiente für ein Openair-Konzert. Eine herrliche Schnapsidee am Lagerfeuer der Sesters, die sich bereits zu einem einzigartigen Kulturgut entwickelt hat.
Hier am Ende des Schwärzenbachtals trafen sich vom 11. auf den 12. Juli allerdings auch zwei Gewitter, die erst Starkregen und dann einen Erdrutsch auslösten, der wiederum die Wand jenes Hofgebäudes eindrückte, wo sich das Schlachthaus befindet. »Wir haben das Gröbste entfernt«, sagt Josef Sester, die Sanierung folge erst nach dem Rock-Festival, das siwieso »einen riesigen Block Arbeit bedeutet«, so Irene Sester. Dankbar zeigt sich ihr Mann, dass die Gemeinde schnell die Sanierung der Straßenschäden am teilweise engen Weg zum Hof in Angriff genommen habe. Ortsvorsteher Markus Späth, Freund guter Rockmusik und damit dieses Hof-Rocks, hält dies für selbstverständlich. »Und die Rockwurscht gibt es auf jeden Fall wieder«, lächelt Sester. Die müsse es auch geben bei diesem »Agrar-Woodstock«, lacht Zöller, der im September auf dem Oberen Schwärzenbachhof sein 69. Konzert in diesem Jahr gibt, 64 davon mit BAP.
Diese Unplugged-Konzerte 2014 mit den zumeist Kölschen Jungs führt den dreifachen Vater, geboren in Köln, aufgewachsen in Frankfurt und seit 19 Jahren in Karlsruhe ansässig, am heutigen Dienstag auf Schopfheims Marktplatz. Auf der Durchreise an den Hochrhein bot sich dieser Zwischenstopp in Reichenbach für den früheren Schlagzeuger der Live-Bands von Supermax, Rainhard Fendrich und Wolf Maahn & den Deserteuren an. Als Produzent brachte er unter anderem für die Rogdau Monotones (»Erbarmen zu spät, die Hessen kommen«) drei Alben heraus, als Kopf der »Jürgen-Zöller-Network-Band« freut er sich, nun eine feste Besetzung für sein Netzwerk zu haben. Olli Roth, »unsere Waffe beim Gesang«, Bass-Mann Willy Wagner, früher auch bei Rio Reiser, und Christoph Stein-Schneider, Gitarrist von »Fury in the Slaughterhouse« und oft im giftgrünen Anzug auf der Bühne, legen zum dritten Mal in Reichenbach los – Lyle Närvänen, Gitarrist und Sänger der Urbesetzung der »Leningrad Cowboys«, und Sängerin Nicatea Domenica Swoboda mit »fantastischer sonorer Stimme«, so Zöller, feiern ihre Premiere auf dem Sester-Hof, »wo sich alle Musiker richtig wohlfühlen.«
Dass erneut »Mainstreet« gegen 17 Uhr das Vorprogramm übernimmt, findet Klaus Bayer einfach »klasse«. Der Gitarrist und Sänger aus Offenburg ist neben Armin Hertle seit Anbeginn der gut 30 Jahre alten Ortenauer Cover-Band dabei. »Und Ihr habt uns vor zwei Jahren musikalisch wunderbar den Rasen gemäht«, sagt Zöller zu Bayer, der hauptberuflich Polizist ist. Elke Blocher, gute Freundin der Sesters und als Arte-Mitarbeiterin in Straßburg in der Welt der Kultur zuhause, unterstützt die Gastgeber bei der »liebevollen Organisation«, so Zöller, von der sich viele professionelle Veranstalter eine Scheibe abschneiden könnten. Und wenn Zöllers »Hochleistungsverbrennungsmaschine« am 6. September wieder auf Hochtouren läuft (»ich verliere an diesem Abend bestimmt wieder zwei, drei Kilo Gewicht«), steht auch Anni Bätza wieder im Publikum, das 2012 aus mehr als 700 entzückten Besuchern bestand.
Karten gibt es im Vorverkauf für 22 Euro (inklusive Bus-Shuttle ab Rathaus Reichenbach) unter • 07803/1203 (Familie Sester) oder www.reservix.de im Internet.