Das Unglück auf der Kinzigbrücke bei Weier
Die Weierer/Bühler Kinzigbrücke wird derzeit saniert. Der Schutterwälder Heimatforscher Emil Adolf Seigel schildert in seiner Varia vor 100 Jahren, wie die Brücke zwei Schutterwälder Bürgern zu der Zeit schon zum Verhängnis wurde. Nacherzählt ...
Schon hatte das Glöcklein Ave geläutet, als am 17. Juni 1914 der Schutterwälder Ochsenwirt Josef Adolf Oßwald und der gebürtige Schutterwälder Ferdinand Herrmann, zu der Zeit Unterlehrer in Immenstaad/Bodensee, von Griesheim über Bühl kommend mit dem Fahrrad diese mysteriöse Brücke bei Weier über die Kinzig passieren wollten. Während nun der Schutterwälder Ochsenwirt glücklich über die Brücke kam, hatte Lehrer Herrmann das Unglück, mitten auf der Brücke gegen das Brückengeländer zu fahren und samt seinem Rad von da aus kopfüber in die zurzeit weniger Wasser führende Kinzig zu stürzen.
Der Retter
Ohne sich lange zu besinnen, denn so tut’s der brave Mann, eilte der Ochsenwirt zu Hilfe und entriss Herrmann dem nassen Element. Herrmann hatte von dem Sturz nicht den geringsten Schaden genommen, obgleich es von der Brücke zum Flußbett eine ganz beträchtliche Höhe ist. Ohne Zweifel standen von da an beide unter dem Eindruck des eben geschilderten Ereignisses und nach dem ersten Schock entstand der Wunsch: »Wir brauchen trockene Kleidung.« Zunächst sprachen die beiden deswegen bei Schwanenwirt Gaß in Weier vor. Zunächst mit wenig Erfolg.
Denn dieser kannte den pudelnassen Lehrer nicht und hielt ihn eher für einen Handwerksburschen. Also machte er anfänglich wenige Anstalten, der vorgetragenen Bitte zu entsprechen; erst als der Ochsenwirt auf der Bildfläche erschien, stieg Herrmann in Kredit und Ansehen, sodass auch dieses Hindernis bald aus dem Weg geräumt war. Es erfolgte nun die Einkleidung des Pechvogels und bald darauf frohen Mutes der Heimweg.
Früh morgens, als die Hähne krähten, sahen sie Schutterwald wieder.
Gespenstig tödlich
Nicht ohne Grund nannte Seigel vorhin die Kinzig in der Gegend der Weierer Brücke eine »mysteriöse«; denn schon im 17. Jahrhundert berichtet der damalige Pfarrherr von Bühl von eben dieser Gegend und einem ähnlichen Vorkommnis, das allerdings schlimmer endete, wie folgt: »1657: Am 30. Januar ist nach gehaltener Kirch abends nach Bettzeit nach Haus geritten der Erbar Georg Rüst, Bürger zu Walterswyr und vielleicht von einem Gespenst underhalb der Weierer Brugg in die alte Furth in hoch volhemige Kintzig geführt worden, darin ersoffen. Req. in pace (er ruhe in Frieden).«
Wäre Lehrer Herrmann Gleiches widerfahren, hätte der Pfarrherr von anno dazumal analog seiner obigen Eintragung wahrscheinlich geschrieben: »Und ist, vielleicht durch eine trinkbare Hexe in die Kintzig geführt, darin ersoffen.«