Deep Purple und Co: Als Bands von Weltrang in Offenburg Konzerte gaben
Offenburg hatte seit den 1960er-Jahren eine rege Jugend- und Musikkultur. 2012 war sie Gegenstand der Ausstellung „When I was young“ im Museum im Ritterhaus und 2020 hat Leon Pfaff einen Aufsatz darüber verfasst.
Jetzt hat das Stadtarchiv aus dem Nachlass des Offenburgers Jürgen Landris sieben Konzertplakate und eine Mappe mit Konzertberichten und Original-Eintrittskarten aus Offenburg und Umgebung geschenkt bekommen, die eine schöne Ergänzung zur Kulturgeschichte der Stadt bilden. Das heißt es in einer Pressemitteilung. Zwei Konzertplakate von Led Zeppelin und Deep Purple aus den 1970er-Jahren waren schon als Leihgaben in der Ausstellung zu sehen.
Zwölf Mark kostete die Eintrittskarte für das Konzert von Led Zeppelin am 24. März 1973 in der Oberrheinhalle in Offenburg, so die Stadt. Statt der 6000 Zuschauer von denen man aufgrund der Hallengröße ausgegangen war, müssen es schließlich um die 10 000 gewesen sein. Zwei Monate zuvor, am 27. Januar 1973, hatte Deep Purple laut Pressemitteilung in der Ortenauhalle vor 6000 Zuschauern gespielt.
Die Fans seien aus Frankreich, der Schweiz und Süddeutschland gekommen, darunter waren auch Amerikaner und Kanadier, die hier stationiert waren. Offenburg reihte sich neben Nürnberg, München, Berlin, Hamburg und Essen in die Tour ein. Die Erwartungshaltung des Publikums war hoch, und so vergaben die Konzertkritiken im Offenburger Tageblatt auch nur ein „befriedigend“.
Bereits 1967 hatte diese Ära der musikalischen Großereignisse für Offenburg begonnen, heißt es weiter. Die neu gebaute Oberrhein- und die daran anschließende Ortenauhalle ermöglichten es, Konzerte in der Größenordnung von mehreren Tausend Zuschauern zu veranstalten.
Den Auftakt machten 1967 The Who. Weitere international bekannte Musiker folgten: Frank Zappa, Uriah Heep, Status Quo, Jethro Tull oder Bob Marley, der 1976 beim Open-Air Sunrise-Festival auftrat. Die Ära endete in den 1980er-Jahren, als internationale Bands immer größere Hallen und Stadien mit mehreren Zehntausend Zuhörern füllten.
Zeitzeuge Stephan Dittrich: „Die Musik schoss direkt ins Gehirn“
Als junger Mann war Stephan Dittrich begeisterter Rock-Fan und nutzte jede Gelegenheit, weltbekannte Bands in Offenburg zu sehen und zu hören. In einer Pressemitteilung ist sein Zeitzeugenbericht zu lesen: „Rockkonzerte waren für mich Anfang der 1970er subkulturelle Großveranstaltungen.
Hier trafen sich die Freaks, die ihren Lebensstil in der gleichgesinnten Gemeinschaft, jenseits des Schnulzen-Mainstreams, feierten. Je verwegener das Äußere, desto abgefahrener. Verpflegungstechnisch gut ausgestattet, Einlasskontrollen fanden symbolisch statt, der ‚Ordnungsdienst‘ war gleichgesinnt, konnte man es sich dann in der Halle mit Chips, Lambrusco, Whisky gemütlich machen. Haschwolken schwängerten die Luft. Man saß auf dem Boden, als Gegenmodell der Kulturveranstaltungen des Establishments. Wagte es jemand aus den vorderen Reihen während des Konzerts aufzustehen, hagelte es Leergut. Ausgenommen waren die Freaks, die in der Musik ausflippten.
Erst bei der Zugabe war das Sitzgebot aufgehoben. Am Eindrucksvollsten war die Lautstärke – die Musik schoss direkt ins Hirn – pure Energie! Für mich ein noch nie dagewesenes Erlebnis.“
In den Notizen von Dittrich sind unter anderem folgende Konzerte vermerkt:
6. Dezember 1972: Rock & Blues Festival, Oberrheinhalle. Eintritt: acht D-Mark. Gespielt haben Alexis Corner & Snape, Pretty Things, Beggars Opera, Juds Gallery. „Ich habe das Konzert auf Tonband aufgenommen, Juds Gallery waren starke Lokalmatadore. Beggars Opera waren damals auf Augenhöhe von ‚Genesis‘ – mein Highlight.“
22. November 1973: Santana, Ortenauhalle. Eintritt: 13 D-Mark (offiziell), trotzdem „freier Eintritt“. „Ich bin mit den Kumpels aufs Messegelände gegangen. Die Ortenauhalle war durch mobile Trennwände aufgeteilt. Links trat Santana auf, auf der rechten Seite trainierte der Tennis-Club. Also rein zum Tennis-Club, hoch auf die Empore, durch den Trennvorhang gequetscht und schon waren wir im Konzert. Santana spielte überwiegend Songs aus dem neuen Album ‚Welcome‘.“
14. Dezember 1973: Uriah Heep, Oberrheinhalle. „Uriah Heep waren auf dem Höhepunkt ihrer Karriere (Gispy, Look at Hourself, Lady in Black, July Morning). Wahnsinns-Lautstärke. Ich stand direkt neben den Boxen, die Hosenbeine flatterten nur noch so durch den Druck aus den Boxen. Ich bin am Morgen danach mit einem Pfeifen in den Ohren aufgewacht – saugutes Konzert!“
26. März 1975: Genesis, Ortenauhalle.„Genesis in Urbesetzung mit Steve Hackett, Peter Gabriel, Tony Banks, Mike Rutherford und Phil Collins führen mit einer Multi- Media-Show ihr Opus ‚Lamb Lies Down on Broadway‘ auf. Sensationell!!! Ich habe das Konzert auf Tonband aufgenommen, das Tape liegt irgendwo im Keller.“