Den Landwirten Anerkennung zollen

David Mild ©Archiv
Gespräch mit David Mild, dem Verantwortlichen des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) in Neuried, über die den Wandel in der Landwirtschaft und Lösungsansätze für die Probleme.
Die Landwirtschaft ist im Wandel und fordert uns. Wir sprachen mit David Mild, Verantwortlicher des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV) in Neuried, darüber.
Herr Mild, wo liegen die größten Probleme bei den Neurieder Landwirten?
Die größten Herausforderungen sehe ich im Klimawandel und der zunehmenden Sommertrockenheit. Wir haben große Sonderkulturbetriebe, die auf Fremdarbeitskräfte angewiesen sind. Hier wird Corona und der zunehmende Engpass an osteuropäischen Saisonarbeitkräften eine Veränderung mit sich bringen. Ich bevorzuge übrigens eher das Wort Wandel, nicht Probleme. Wandel, wie er gesellschaftspolitisch hin zu weniger Pflanzenschutz und dem Einsatz alternativer landwirtschaftlicher Methoden statt findet.
Wie soll man dem beikommen?
Die Technik hat sich enorm weiterentwickelt und ist günstiger geworden. So sehe ich Lenksysteme in ein paar Jahren als Standard für die Betriebe an. Dem Klimawandel kommen wir durch mehr Zwischenfrüchte bei, um die Feuchtigkeit und den Kohlenstoff zur Humusbildung im Boden zu fixieren.
Was muss passieren, dass Neuried nicht nur Fair Trade Gemeinde, sondern auch noch ökologische Gemeinde wird?
Wir haben in Neuried einen sehr großen Direktvermarktungsanteil und eine enorme Wertschätzung für die Landwirtschaft. Es werden bereits heute große Teile ökologisch bewirtschaftet, und wir haben viele „natürliche“ Landschaftselemente mit unseren Streuobstwiesen. Ich möchte deutlich klarstellen, dass ökologisch nicht gleich gut und konventionell nicht gleich schlecht ist!! Alle Betriebe tragen ein Teil zur Lebensmittelerzeugung und zur Erhaltung unserer Landschaft bei. Es gibt landwirtschaftliche Erzeugnisse, die „einfacher“ ohne Pflanzenschutz zu erzeugen sind und es gibt auch Pflanzen, die schwieriger in der Kulturführung sind. Es gilt wie in der Medizin sich „homöopatisch“ zu orientieren, aber die klassische Medizin nicht außen vorzulassen.
Lokalpolitiker und Landwirte tun sich mitunter schwer damit, Neuried deutlich ökologischer zu machen. Wie könnte es gehen?
Wir müssen die Landwirtschaft gesellschaftlich gemeinsam angehen. Es ist nicht nur Aufgabe der Politik, die Landwirtschaft über Subventionen zu unterstützen und gleichzeitig über Gesetze zu gängeln. Wenn wir gesellschaftlich unsere Kulturlandschaft erhalten und ökologischer noch wertvoller machen wollen, müssen wir bereit sein, den Bewirtschaftern die Anerkennung zu zeigen und beim Kauf die Erzeugung wertzuschätzen.
Wie hilft die Gemeinde?
Die Gemeinde hat uns durch die Hofladentour und die Unterstützung der Vermarktung enorm geholfen, das Ansehen der Landwirtschaft zu stärken und die Bevölkerung wieder näher an die Lebensmittelproduktion rangebracht. Wir wurden beim BureRadweg finanziell unterstützt. Und die Gemeindeverwaltung sucht immer die Kommunikation, wenn es um landwirtschaftliche Belange geht. Als die Corona Pandemie ausbrach, war die Gemeinde mit einem Aufruf an die Bevölkerung zur Unterstützung der Landwirte auch zur Stelle! So sollte die gemeinsame Arbeit weitergehen.
Ökologische Landwirtschaft erzielt wesentlich weniger Ertrag auf den Flächen – wie könnte man den Landwirten helfen, ihr Auskommen zu finden?
Wir möchten Wertschätzung für unsere Arbeit in Form von gerechtfertigten Preisen. In Neuried hat die Direktvermarktung eine breite Akzeptanz, was die heimische Landwirtschaft unterstützt.
Neuried hat massive Probleme mit der Nitratbelastung des Grundwassers – müsste man da nicht strengere Auflagen gegen das Verwenden von Gülle auf den Feldern erlassen?
Die Nitratbelastungen im Grundwasser in Neuried sind hoch. Allerdings ist immer noch nicht abschließend geklärt, wo die Werte herkommen. Der Lahrer Flughafen mit der Enteisung der Landebahn mittels Harnstoff in den 70er und 80er Jahren gilt immer noch als große Eintragungsquelle. Hier gibt es von Hubert God vom BLHV auch Berechnungen und ein Gutachten, denen noch nichts Widersprüchliches gegenübersteht.
Sicherlich ist die Landwirtschaft auch für Nitrat im Grundwasser verantwortlich. Gerade in unserer Region mit dem geringen Grundwasserstand kann es schnell zu Eintragungen kommen. Die Kultivierung von Zwischenfrüchten und das Stehenlassen über Winter sorgt für eine Aufnahme und kann die Auswaschung verhindern. Mit Gülle können betriebliche Kreisläufe geschlossen werden. Wir haben eine neue Düngeverordnung und auch ein rotes Gebiet zugewiesen bekommen. Die Handlungsspielräume sind kleiner.