Der Fessenbacher Liebfrauenhof ist verkauft
Die Augustiner-Chorfrauen haben den Liebfrauenhof in Offenburg-Fessenbach veräußert. Die zum Anwesen gehörende Kapelle wurde deshalb profaniert. Oberin Mutter Dorothea Benz sowie Dekan und Klosterpfarrer Matthias Bürkle erklären die Hintergründe und warum kirchliche Gebäude, die dauerhaft profanem Gebrauch überlassen werden, zuvor verweltlicht werden müssen.
Der Liebfrauenhof mit dem Haupthaus, einigen Wirtschaftsräumen, der Liegehalle, der Kapelle, einem Gewächshaus und einem großen Garten gehörte seit etwa 120 Jahren zum Kloster unserer Lieben Frau in Offenburg. Er diente den Schwestern zur Erholung und zur Selbstversorgung des Klosters und des Internats.
Auch der reichliche Blumenschmuck für die barocke Offenburger Klosterkirche kam von dort, wie sich die Oberin erinnert: „Freitagmittag kam der Gärtner mit seinem Pritschenwagen und brachte kiloweise Bohnen, Zwetschgen, Blumen. Das war eine reiche aber auch arbeitsintensive Zeit.“
1840 wurde er erbaut
Das ehemals adelige Landgut hat eine lange Geschichte: 1840 wurde es durch Rosa Maria Viktoria von Wellenburg erbaut. Eine lokale Größe, der Maler Lothar von Seebach wurde hier 1853 geboren. 1878 wurde das Anwesens an Ida von Schönau-Schwörstad verkauft und kam dann in den Besitz des Klosters.
„Zur Erholung wurden die Schwestern morgens in einer mit schwarzen Vorhängen verhängten Kutsche in ihr grünes Freizeitparadies gefahren und abends wieder in die Klausur des Klosters zurückgebracht“, weiß Mutter Dorothea aus alter Zeit zu berichten.
Von 1963 bis 1976 wohnte Benediktinerpater Chrysostomus Dahm aus der Abtei Maria-Laach hier, er baute ein reges Gemeindeleben auf. In dieser Zeit wurde die Kapelle neu gestaltet. Noch bis in die vergangenen Jahre fanden hier einmal im Monat Werktags-Gottesdienste der Pfarrei Weingarten statt, die von den Fessenbachern geschätzt und gut besucht wurden.
An Familie vermietet
Bis 2012 fanden die Schwestern im Liebfrauenhof Entspannung und Erholung, dann wurde das Haus an eine Familie vermietet. Weil die kleiner werdende Ordensgemeinschaft das Gelände nicht mehr nutzen und vor allem nicht mehr bearbeiten konnte, kümmerte sich jahrelang ein Gärtner um Haus und Grundstück.
Planungen, das denkmalgeschützte Anwesen als Altersruhesitz für die Schwestern zu nutzen, führten zu keinem Ergebnis, auch finanzielle Überlegungen legten den Verkauf nahe. 2015 wurden Gewächshaus und Garten Ulrike und Stefan Walter anvertraut, die den Klostergarten wiederbelebt, in einem offenen Gemeinschaftsprojekt als Lebensgarten gepflegt und mit verschiedenen spirituellen und kreativen Angeboten der Bevölkerung zugänglich gemacht haben. Nach dem Kauf soll jetzt das Wohnprojekt „Erbe und Vision gemeinschaftlich leben“ dort entstehen.
Der Verkauf des Liebfrauenhofes sei keine einsame Entscheidung der Schwestern gewesen, sondern sei im Austausch mit der Erzdiözese vorbereitet und im Einklang mit dieser getroffen worden, wie Dekan Bürkle hervorhebt.
Weder Bar noch Rotlicht
Grundsätzlich werde beim Verkauf von Gebäuden, die in kirchlichem Besitz sind oder einem Kloster gehören, bei Kaufverträgen immer auch die spätere Nutzung in den Blick genommen. „Ein Kloster darf ein Gebäude beispielsweise nicht verkaufen, wenn etwa eine Bar oder eine Einrichtung aus dem Rotlicht-Milieu einziehen soll“, erklärt Bürkle.
Auf dem Liebfrauenhof werde die Tradition des Klostergartens weitergegeben. Auch das kulturelle Leben an diesem Ort, das Thema Erhalt der Schöpfung - letztlich auch christliche und katholische Themen - würden weitergehen.
Und noch eine Besonderheit ist mit der Veräußerung kirchlicher Gebäude verbunden: Wird eine zugehörige Kapelle mit verkauft, muss eine Profanierung vorgenommen werden. „ Es ist so, dass wir nichts Geweihtes verkaufen, sondern die Kapelle vorher wieder einer weltlichen Nutzung zugeführt wird“, führte der Dekan weiter aus.
Wäre das nicht der Fall, wäre er als sogenannter Rektor Ecclesiae (Kirchenrektor) trotz des Besitzerwechsels weiterhin für den Raum verantwortlich, der neue Besitzer könnte nicht allein entscheiden, wie er die ehemalige Kapelle nutzt. Das Ordinariat Freiburg bestätigt die Profanierung mit einer Urkunde, im Falle des Liebfrauenhofes mit Wirkung ab
1. Juli.
Geplant ist ein Dankgottesdienst am 3. August auf dem Gelände des Liebfrauenhofes, wo die Urkunde der Gemeinde verlesen und Danke gesagt werden soll für die spirituellen Erfahrungen, die in dieser Kapelle gemacht wurden. Die genaue Uhrzeit wird in den Pfarrblättern und im OT bekannt gegeben.
Auszug aus dem Kirchengesetzbuch
Das kirchliche Gesetzbuch, der „Codex Iuris Canonici“ regelt die Verweltlichung von ursprünglich Heiligem: Das Allerheiligste muss aus der Kirche getragen werden (aus der Kapelle Liebfrauenhof wurde es bereits entfernt). Die Reliquien sind aus dem Altar zu entnehmen und alle liturgischen Geräte und Einrichtungsgegenstände müssen aus dem Gebäude gebracht und „an einem würdigen Ort aufbewahrt“ werden.