Die Stadtmauer: Ein besonderes Kulturdenkmal
Die Offenburger Stadtmauer, die im Wesentlichen gut erhalten ist und die die Grenzen der alten Reichsstadt aufzeigt, vermittelt ein fast lückenloses Bild, wie vor mehr als 700 Jahren Offenburgs Mauergürtel verlief. Und so ein Spaziergang entlang der historischen Stadtmauer bietet auch viele reizvolle geschichtliche Einblicke.
Die Offenburger Stadtmauer führt ein bisschen ein Schattendasein. Das Sanierungs- und Unterhaltungskonzept, das nun von städtischer Seite aufgelegt wurde, wobei der Abschnitt beim Kloster erste Rangfolge hat, soll daran etwas ändern. Auch das neue Einkaufsquartier »Rée-Carré« könnte dazu beitragen, Teile der Stadtmauer mehr in den Blickpunkt zu stellen und manche Teile vom Dornröschenschlaf zu befreien.
In historischer Erinnerung geblieben ist der Brand von 1689, wo Offenburg fast vollständig zerstört wurde – allerdings die Stadtmauer nicht ganz, wie sich später herausgestellt hat. Die heilige Ursula, die Stadtpatronin von Offenburg, soll im Dreißigjährigen Krieg den schwedischen Truppen auf der Stadtmauer erschienen sein. Die feindlichen Soldaten flohen. Auch wenn es sich um eine Legende handelt, kommt der Stadtmauer dabei doch eine große Bedeutung zu.
Die Zerstörung Offenburgs, bei der auf Befehl des »Sonnenkönigs« Ludwig XIV. fast die ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt wurde, begann am 9. September 1689. Offenburg war, so kann man es im Buch von Otto Kähni nachlesen, »totaliter ruiniert und in Aschen gelegt, daß nit ein einziges Gebäu zum Trost der armen Brüder und alliglicher Angehöriger aufrecht geblieben, daß es der Hierosolomitischen Zerstörung wohl gleich geschienen«.
Nahezu ganz erhalten
Außer dem Kapuzinerkloster war kein Bauwerk vollständig übriggeblieben, das von der Zeit vor 1689 Zeugnis ablegte – außer der ältesten Stadtmauer. Sie ist fast nahezu in ihrer ganzen Ausdehnung erhalten geblieben, in einer Vollständigkeit, wie das sicher in wenigen deutschen Städten der Fall ist. So wurde es in einem Bericht des Ortenauer Heimatblatts von 1964 festgehalten. Diese sorgfältig erhaltenen und gepflegten Reste vermitteln ein fast lückenloses Bild, wie Offenburgs Mauergürtel vor mehr als 700 Jahren verlief, und es lohnt sich, die historische Stadtmauer bei einem Spaziergang kennenzulernen.
Viel Efeu an der Mauer
Nach Westen hin grenzen die Zwingeranlagen und der Mühlbach an die hier besonders hohe Stadtmauer, an die auf der anderen Seite der Vinzentiusgarten stößt. Im Hintergrund ragt der Turm der Kreuzkirche auf. Dann führt die Stadtmauer südlich entlang der Grabenallee, vorbei am Rosengarten, der früheren Georg-Monsch-Anlage, und östlich an den Häusern im Bahngraben entlang. Gerade Abschnitte am Rosengarten sind allerdings durch Efeubewuchs fast gar nicht mehr zu erkennen. An der Grabenallee wirkt die alte Mauer als reizvolles Stück Vergangenheit, zumal sich direkt der Rosengarten anschließt, wo auch Bänke zum Ausruhen einladen.
Weiter vorne am Stadtbuckel war auf der linken Seite früher die Gaststätte »Burgerhof«, heute befindet sich dort eine Wohnanlage, und unterhalb grüßt der Weingott Dionysos, gestiftet von Senator Franz Burda, die Besucher der Stadt. Auf der rechten Seite stadteinwärts wurde das Kriegerdenkmal , das früher auch direkt am Stadtbuckel stand, nun seit längerer Zeit schon in der Grünanlage an der Grabenallee untergebracht.
Auf der Terrasse des früheren Hotels »Ries zum Ochsen«, heute »Maurer Kaffeewelten«, sitzt man quasi auf der Geschichte Offenburgs. Weiter in östlicher Richtung befindet sich die Stadtmauer beim Mädchengymnasium Unserer Lieben Frau. Von dort trifft man wieder auf den Bahngraben. Und von der Ecke Wasserstraße verläuft die Mauer ein Stück entlang bis zur Hauptstraße und in westlicher Richtung entlang der Zwingeranlage. Somit schließt sich der Ring bei einem Spaziergang an der historischen Stadtmauer – und vielleicht könnte man diesen steinernen Zeitzeugen wieder zu mehr Leben erwecken.
Stadtführung
Im Rahmen der kostenlosen Stadtführungen wird am Samstag, 24. März, ab 10 Uhr wieder eine Führung entlang der Stadtmauer angeboten. Treffpunkt ist am Eingang zum Zwingerpark beim Dionysos.
Die Geschichte der Stadtmauer
Um das Jahr 1240 hatte Barbarossas Enkel, der Staufenkaiser Friedrich II., Offenburg, Gengenbach und Zell a.H. zu Reichsstädten erhoben. Im Anschluss daran wurde mit der Anlage eines Mauergürtels um die Reichsstadt Offenburg begonnen, die in einer Urkunde aus dem Jahre 1246 erstmals als »Oppidum« (befestigter Platz) bezeichnet wird. Dieser älteste Mauergürtel ist fast ganz erhalten geblieben und lässt die Umrisse des alten Reichsstädtchens deutlich erkennen. Im Laufe der Zeit wurde die ursprüngliche Befestigungsanlage wesentlich verstärkt.
Im Jahre 1689 umgab ein dreifacher Mauerring die Stadt, verstärkt durch Palisaden, geschützt durch Gräben – soweit nicht der Mühlbach natürlichen Schutz bot –, feste Türme sicherten die Tore, über den Hauptgraben führten Fallbrücken. Gegen schwere Feuerwaffen wurden an den Mauerecken Bollwerke errichtet. Während des Dreißigjährigen Kriegs schuf der Stadtkommandant Obrist Reinhard von Schauenburg, in dessen Gefolge Johann Jakob Christoph von Grimmelshausen etliche Jahre in Offenburg lebte, zusätzlich ein Abwehrsystem aus Schanzwerk.
Stehen geblieben sind von all dem nur die Reste der ursprünglichen, also des inneren Mauergürtels, deren militärische Bedeutung die französischen Truppen bei ihrem Brandanschlag 1689
offensichtlich nicht mehr sonderlich hoch einschätzten. uh